„Zum Glück bin ich hier“
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Den Bomben entkommen: Wirtschaftsprofessorin Galina Nesterenko ist aus Kiew nach Wiesbaden geflohen. Bild: Samira Schulz
Deutsche Hochschulen helfen geflüchteten ukrainischen Wissenschaftlern mit Stipendien. Wer beispielsweise in Hessen ankommt, ist dankbar – aber zwiegespalten.
Für eine Sache hat Galina Nesterenko wenig Verständnis. Wenn zu Hause Krieg herrscht, wenn Bomben auf das eigene Haus fallen können, Nachbarn verschwinden, Bekannte an der Front kämpfen und alle paar Minuten das Handy klingelt, weil jemand sagen will, dass es ihm gut geht – dann, in diesen Momenten, eine halbe Stunde für Pressefotos posieren zu müssen, empfindet sie als Zeitverschwendung. „Die Welt hat sich verändert“, sagt Nesterenko. „In der Ukraine herrscht im Donbass seit acht Jahren Krieg. Und ich, die ich in Kiew lebe, habe nicht verstanden, dass dies auch mein Krieg war, dass dieselben russischen Truppen auch Kiew angreifen könnten.“ Deutschland, glaubt sie, erliege gerade einem ähnlichen Irrtum.
Nesterenko ist seit fast zwei Wochen in Wiesbaden. Wut und Dankbarkeit liegen für die 44 Jahre alte Professorin aus der Ukraine derzeit nah beieinander. Wut darüber, was in ihrem Land passiert und dass die Deutschen aus ihrer Sicht einfach weitermachen wie bisher. Dankbarkeit dafür, in Sicherheit zu sein. „Zum Glück bin ich hier“, sagt sie. Eigentlich arbeitet Nesterenko als Professorin für Informations- und Innovationsmanagement an der Universität Kiew. Nun ist sie Stipendiatin eines Programms der Business School der Hochschule Rhein-Main, das geflüchtete ukrainische Wissenschaftler ein halbes Jahr lang fördert. Laut Rainer Wedde, der im Fachbereich für die Koordination verantwortlich ist, haben sich Anfang März innerhalb von einer Woche 15 Ukrainer beworben. Nesterenko floh mit ihrer Tochter und bekam eines von insgesamt vier Stipendien.
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