Treppenläufer beim Wolkenkratzer-Festival : Der Sieger denkt beim Laufen an Katzen
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Herausforderung für Treppensteiger: der Frankfurter Messeturm. Bild: Fricke, Helmut
602 Treppenläufer eilen durch den Messeturm. Am schnellsten ist Piotr Lobodzinski.
Wenn Piotr Lobodzinski durch Treppenhäuser hastet, stellt er sich vor, er wäre eine Katze. Natürlich sei Kraft in den Beinen wichtig, um nach tausend Stufen oder mehr die Ziellinie in der obersten Etage zu erreichen, sagt der siebenundzwanzigjährige Pole. Entscheidender aber sei, ob der Rumpf beweglich ist und ob man es versteht, die Hände zur Hilfe zu nehmen. Er zieht sich manchmal an einer, manchmal an beiden Händen nach oben und stößt sich an den Handläufen der Treppengeländer aus den Kurven - wie eine Katze auf vier Pfoten.
Piotr Lobodzinski ist Treppenläufer und einer der 602 Teilnehmer, die am Sonntag beim „Sky-Run“ das Treppenhaus des Messeturms stürmten. Schon zum siebten Mal rannten sie durch das Hochhaus, diesmal im Rahmen des Wolkenkratzer-Festivals.
Es gibt Profi-Treppenläufer
Regen platscht auf das Wartezelt, einzeln treten die Läufer aus dem Zelt an die Startlinie, tippeln vom linken auf das rechte Bein und sprinten nach dem dritten und langen Tuten des Startsignals in den Messeturm. Auf den ersten Metern säumen Cheerleader mit silbernen Pompons ihren Weg, dann verschluckt sie der Treppenschacht. Nach sechs bis sieben Minuten spuckt der Schacht die schnellsten Läufer im 61. Stock wieder aus, einige sacken schnaubend zu Boden, andere lehnen sich zum Luftschnappen an die Wand. Für die strahlenden Cheerleader hat kaum einer ein Auge.
Die Wiege des Treppenlaufs steht in den Wolkenkratzervierteln. Anstatt über Straßen oder Wiesen zu laufen, entschieden sich die Erfinder einfach dafür, Hochhäuser zu erklimmen. Was als Spaß begann, entwickelte sich schnell zum Geschäft. Mittlerweile gibt es Profi-Treppenläufer und sogar einen World-Cup.
Towerrunning in Warschau
Piotr Lobodzinski ist zwar kein Profi-Läufer, aber er führt derzeit die World-Cup-Rangliste an. In sechs Minuten und achtundzwanzig Sekunden bewältigt er die 1202 Stufen des Messeturms - und schrammt damit nur knapp an dem 2011 aufgestellten Rekord des Deutschen Thomas Dold vorbei.
„Towerrunning“ passe perfekt zu seiner Heimatstadt, findet der drahtige Mann, der in der Verwaltung eines Museums arbeitet: „In Warschau gibt es keine Berge und im Winter hat es oft 15 Grad unter null. Da bietet sich Towerrunning an.“ Auf „Masters-Rennen“ sammelt Piotr Lobodzinski Punkte für das World-Cup-Ranking. 2013 stehen 19 solcher Rennen an, die je nach Schwierigkeitsgrad einen Wertungsfaktor zwischen 1,0 und 2,5 haben. Der Messeturm rangiert mit dem Wertungsfaktor 2,5 ganz oben.
Das Ziel ist New York
Zwar kann Piotr Lobodzinski von seinem Hobby nicht leben. Für Anreise und Unterkunft muss er selbst aufkommen, nur die Preisgelder bringen Geld, in Frankfurt 750 Euro. Dafür aber sieht er viel von der Welt. Auch 2013 finden „Masters-Rennen“ in Europa, Asien, Nord- und Südamerika statt. Sein Lieblingswolkenkratzer ist das 101 in Taipeh. Das Sicherheitspersonal wollte ihn den Treppenschacht des Hochhauses zunächst nicht begutachten lassen. Also fuhr er mit dem Aufzug auf die Aussichtsplattform und stieg von dort ins Treppenhaus. Die Taiwaner erwischten ihn, ließen ihn aber dann doch gewähren. „Wir haben uns beim Gang durchs Treppenhaus prächtig unterhalten“, sagt er.
Sein Ziel ist es, einmal das New Yorker Empire State Building zu erklimmen. Dafür trainiert er weiterhin jeden Tag, entweder auf dem Fahrrad oder zu Fuß in Warschauer Parks und Treppenhäusern.