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Studie : Fluglärm lässt Kinder langsamer Lesen lernen

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Oh weh: Ständiger Fluglärm lässt Kinder langsamer Lesen lernen Bild: dpa

Kinder lernen unter ständigem Fluglärm langsamer als in einem ruhigen Umfeld. Dabei fällt auf, dass sich dieser Effekt bei Kindern ohne Migrationshintergrund deutlicher zeigte.

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          Ständiger Fluglärm lässt Kinder langsamer Lesen lernen. Mindestens einen Monat länger als andere brauchen Zweitklässler dafür in Grundschulen rund um den Frankfurter Flughafen. Das ist das Ergebnis einer Studie über die Auswirkungen von Lärm rund um Deutschlands größten Airport. Die sogenannte Norah-Lärmwirkungsstudie (Noise-Related Annoyance, Cognition and Health) wurde am Dienstag in Frankfurt vorgestellt.

          Im Frühjahr 2012 wurden dafür im Rhein-Main-Gebiet 85 Schulklassen an 29 Schulen in vier unterschiedlich vom Fluglärm betroffenen Gebieten untersucht. Der Dauerschallpegel zur Unterrichtszeit reichte von 39 Dezibel bis 59 Dezibel.

          Migrationshintergrund mitentscheidend

          Die Autoren fanden heraus: Je stärker die Lärmbelastung, desto langsamer lernen Kinder Lesen. Wächst der Dauerschallpegel um 10 Dezibel, sind die Kinder in den lärmbelasteten Schulen im Vergleich zu anderen einen Monat im Rückstand beim Lesenlernen, bei 20 Dezibel mehr sind es zwei Monate. „Der Statistische Effekt ist klein“, sagte Studienleiterin Prof. Maria Klatte. „Wir wissen aber nicht, wie sich der relativ kleine Effekt auf die weitere Entwicklung (der Kinder) auswirkt.“

          Die Lernverzögerung habe sich bei Kindern ohne Migrationshintergrund deutlicher gezeigt. Bei Kindern mit Migrationshintergrund war er kaum messbar. Das könne daran liegen, dass Kinder aus Familien mit Migrationshintergrund eine ganze Reihe ungünstiger Bedingungen hätten, wie schlechtere Deutsch-Kenntnisse oder weniger Unterstützung in der Familie, sagte Klatte.

          Die Wissenschaftler sprachen mit 1243 Zweitklässlern, 1185 Eltern und 85 Lehrern, die unter anderem nach ihrer eigenen Einschätzung der Lärmbelastung gefragt wurden. Ihr Befinden schilderten die Schüler selbst wie auch ihre Eltern als überwiegend sehr gut, bei zunehmendem Fluglärm ein wenig schlechter.

          Für den Vorsitzenden der Frankfurter Fluglärmkommission, den Raunheimer Bürgermeister Thomas Jühe (SPD), ist das Ergebnis der Studie in der Debatte um Lärmbelastung ein „Riesenfortschritt“. Das Land müsse nun zeigen, welchen Stellenwert Lärmschutz hat, das gelte auch für das Kultusministerium, das über mehr Geld für die Schulen nachdenken solle. „Es muss leiser werden“, forderte Jühe.

          Die Wurzel des Übels

          Die hessische Landesregierung kündigte „wirksame Maßnahmen“ an. Mit der Reduzierung des Fluglärms müsse „das Übel an der Wurzel“ gepackt werden, sagte Regierungssprecher Michael Bußer (CDU). Außerdem müsse darüber nachgedacht werden, wie die Lesedefizite der betroffenen Kinder kompensiert werden könnten. Dies könne an den Schulen geschehen oder auch über verstärktes Vorlesen der Eltern.

          Der Flughafenbetreiber Fraport sieht den Einfluss von Fluglärm als weniger gravierend als sozioökonomische Einflüsse oder Rahmenbedingungen des Unterrichts. Kinder aus Haushalten mit wenigen Kinderbüchern hätten einen Leserückstand von 3,5 Monaten, teilte Fraport in einer Reaktion mit.

          Die Luftfahrtwirtschaft empfindet die Studie als hilfreich für die Debatte: „Die Ergebnisse haben die Basis für eine sachlich fundierte Diskussion zu den Auswirkungen von Lärm auf Zweitklässler geschaffen“, sagte Klaus-Peter Siegloch, Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Luftverkehrswirtschaft laut Mitteilung. Es habe sich auch gezeigt, dass die Luftfahrt mit ihren bisherigen Lärmschutz-Maßnahmen auf dem richtigen Weg sei.

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