Steueraufkommen : Ein Stück vom Flughafen
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Nur ein Ausschnitt: Der Frankfurter Flughafen liegt auf einem riesigen Areal. Bild: dpa
Vier Kommunen profitieren vom Steueraufkommen des Drehkreuzes im internationalen Luftverkehr. Der Unmut der anderen wächst.
Seit Dezember hat die Stadt Kelsterbach ein Haus der Ruhe, vierzehn Monate, nachdem die neue Nordwest-Landebahn in Betrieb genommen wurde. Doch die Stadt hat ihren knapp 14000 Einwohnern keinen Zufluchtsort vor dem Lärm des Frankfurter Flughafens geschaffen. Das im schwedischen Stil errichtete Holzhaus ist eine Attraktion im städtischen Sport- und Wellnessbad. Haus wie Bad sind Annehmlichkeiten, die sich Kelsterbach, anders als viele Kommunen in der Region, nur leisten kann, weil der Frankfurter Flughafen so nahe ist. Weil der größte deutsche Airport in den vergangenen Jahrzehnten für seine Entwicklung auch Flächen auf Kelsterbacher Gemarkung beansprucht hat.

Redakteurin in der Rhein-Main-Zeitung.
In der öffentlichen Wahrnehmung gilt Frankfurt als der zentrale kommunale Profiteur des internationalen Drehkreuzes. Die Mainmetropole hält neben dem Land, der Lufthansa und Privatinvestoren 20,05 Anteile an der Betreibergesellschaft des Flughafens, der Fraport AG, und streicht entsprechend die Dividende ein. Im Jahr 2011 waren dies 23,1 Millionen Euro. Und Frankfurt erhält auch den Löwenanteil der Gewerbesteuer aus dem „Betrieb Flughafen“. Der wird wesentlich von der Fraport AG beigesteuert, aber auch die Lufthansa, so heißt es, füllt ordentlich die Frankfurter Stadtkasse; obendrein steuern die Betriebe in der Cargo-City-Süd Abgaben bei.
Gemarkung von vier Kommunen
Wie viel Geld tatsächlich fließt, darüber schweigt man in Frankfurt und verweist auf das Steuergeheimnis. Nachbarkommunen schätzen, dass sich das Steueraufkommen auf mindestens 70 bis 80 Millionen Euro summiert, mitunter ist auch von 80 bis 100 Millionen Euro und darüber die Rede. Der Anteil von Fraport allein liegt derzeit dem Vernehmen nach zwischen 30 und 50 Millionen Euro.
Für die Verteilung maßgeblich ist, dass sich heute der Flughafen auf der Gemarkung von vier Kommunen ausbreitet. Die 1984 in Betrieb genommene Startbahn liegt auf Rüsselsheimer Stadtgebiet. Flächen, südlich der Cargo-City-Süd, auf denen etwa die Wartungshalle für den Airbus 380 steht, gehören zum Gebiet von Mörfelden-Walldorf, die im Oktober 2011 in Betrieb genommene Landebahn Nordwest zu Kelsterbach.
Handel zwischen Frankfurt und Kelsterbach
Laut Frankfurter Finanzamt ist der Flughafen inzwischen als eine Gesamtanlage, als „mehrgemeindliche Betriebsstätte“ aufzufassen. Um der Finanzbehörde nicht die Aufteilung der Gewerbesteuer zu überlassen, hatten sich vor einem Jahr die Städte Kelsterbach, Rüsselsheim, Mörfelden-Walldorf und Frankfurt auf eine neue „Zerlegungsvereinbarung“ geeinigt. Danach erhebt Frankfurt Gewerbesteuer auf 83,7 Prozent des Fraport-Ertrags, Rüsselsheim auf 6,2 Prozent, Kelsterbach auf sechs Prozent und Mörfelden-Walldorf auf 4,1 Prozent. Dem Vernehmen nach sollen nach diesem Schlüssel für Kelsterbach und Rüsselsheim im vergangenen Jahr jeweils rund zwei Millionen Euro geflossen sein, Mörfelden-Walldorf könnte dann entsprechend 1,3 Millionen Euro erhalten haben.
Doch der Fall ist noch komplizierter: Bis in die siebziger Jahre galt das politische Ziel, den Flughafen ausschließlich auf Frankfurter Gemarkung zu entwickeln. Für die Erweiterung im Nordwesten - ein Areal, das Lufthansa als Frachtzentrum nutzt und heute als Cargo-City-Nord bezeichnet wird - wurde deshalb eine Fläche von 773 Hektar Kelsterbacher Gelände der Großstadt zugeschlagen. 1975 wurde deshalb zwischen Frankfurt und Kelsterbach vertraglich ein „Vorteilsausgleich“ vereinbart, der, so heißt es, nicht zum Nachteil der Stadt Kelsterbach gereicht. Von goldenen Wasserhähnen war die Rede, die sich die Stadt am Main seitdem leisten könne. Tatsächlich flossen in Spitzenjahren, etwa im Jahr 2000, rund 20 Millionen Euro von Frankfurt in die Kelsterbacher Stadtkasse, im vergangenen Jahr waren es 8,5 Millionen Euro.