https://www.faz.net/aktuell/rhein-main/spd-parteitag-im-frankfurter-stadion-waehlt-josef-zu-spitzenkandidat-16929677.html

Parteitag im Stadion : SPD nennt die Union verlogen

Austeiler: Mike Josef greift beim Parteitag die CDU scharf an. Bild: Aders, Hannah

Parteichef Mike Josef wird auf dem Parteitag mit mehr als 91 Prozent als Spitzenkandidat gewählt. Und Frankfurts Oberbürgermeister Feldmann spricht über seine Frau.

          3 Min.

          Die Frankfurter SPD geht mit Parteichef Mike Josef als Spitzenkandidat, Fraktionschefin Ursula Busch auf Platz 2 und Oberbürgermeister Peter Feldmann als „Teil des Teams“ in den Kommunalwahlkampf – und gibt sich dabei kämpferisch. Das sind die Ergebnisse eines Parteitags vom Samstag, der wegen der Pandemie im Fußballstadion am Bornheimer Hang stattfand. Dort erhielt Josef 91,6 Prozent Zustimmung für seinen eigenen Vorschlag, die Liste anzuführen. Vor fünf Jahren hatte er 96,3 Prozent bekommen.

          Florentine Fritzen
          Korrespondentin im Hochtaunuskreis

          Von den 270 anwesenden Delegierten gaben 242 die Stimme ab. 219 stimmten für Josef, acht gegen ihn. Zwölf Delegierte enthielten sich, drei Stimmen waren ungültig. Auf Platz 2 der Liste, auf der sich Männer und Frauen abwechseln, wählten die Delegierten Fraktionschefin Ursula Busch, auf Platz 3 deren Stellvertreter Roger Podstatny.

          In seiner Rede griff Josef den Koalitionspartner CDU scharf an, deutlich mehr als die ebenfalls mitregierenden Grünen. In anfangs schneidigem Ton kritisierte er die CDU-Kollegen und lobte die Arbeit der eigenen Dezernenten. Es sei „nicht nur unanständig, sondern einer Dezernentin unwürdig“, wenn Sozialdezernentin Daniela Birkenfeld mehr als zwei Jahre später behaupte, Oberbürgermeister Peter Feldmann habe sie in einer Pause der Veranstaltung „Barock am Main“ aufgefordert, sich mit der Awo zu einigen. Kämmerer Uwe Becker habe als „selbsternannter OB-Kandidat“ 2017 Fahrpreiserhöhungen im Nahverkehr unsozial genannt und gesagt, der Oberbürgermeister müsse das regeln. Das habe Feldmann getan, worauf Becker aber behauptet habe, Feldmann habe gegen die Union gehandelt. Josef sagte: „Wenn Verlogenheit fliegen könnte, wäre die Frankfurter CDU der größte Flughafen der Welt.“ Die Union habe – außer Angriffen auf Feldmann – nur „zwei mickrige Themen“: die Städtischen Bühnen am Osthafen („eine Riesen-Mikrowelle“) und die Multifunktionshalle. Die aber habe die CDU selbst mit einem Brief von Sportdezernent Markus Frank am Kaiserlei begraben.

          Umweltdezernentin Rosemarie Heilig (Grüne) warf Josef lediglich vor, zu wenige Bäume gepflanzt zu haben. Außerdem sagte er über die Grünen: „Mit uns habt ihr einen verlässlichen Partner“, warnte sie aber zugleich davor, wie die Union immer nur auf „Bling-Bling“ zu setzen und mit den Großen zu paktieren. Die SPD dagegen kümmere sich um Krankenpfleger, Reinigungskräfte, Mitarbeiter in der Gastronomie: „Für diese Frankfurterinnen und Frankfurter machen wir Politik.“

          Feldmann kritisiert Angriffe auf seine Frau

          Fraktionschefin Busch lobte die auf Platz 4 stehende Bildungsdezernentin Sylvia Weber dafür, Schulen nicht nur zu entwickeln, sondern auch gleich zu bauen – und das mit Baudezernent Jan Schneider (CDU), Chef des Amtes für Bauen und Immobilien, als „Klotz am Bein“. Busch kritisierte auch Nils Kößler, den Fraktionsvorsitzenden und Spitzenkandidaten der CDU: Auf dem Parteitag der Union vor einer Woche habe er gesagt, die Stadt habe zu viel für sozialen Wohnungsbau getan. Josef hatte zuvor bezahlbaren Wohnraum und einen genereller Mietpreisstopp als wichtige Themen für die Wahl im März 2021 benannt.

          Der Oberbürgermeister sprach mehr als eine halbe Stunde. Er sagte, in der Corona-Krise gelte es, die Freiheit und die Offenheit der Stadt zu verteidigen – auch mit Masken in Schulen und öffentlichen Verkehrsmitteln. Über Josef sagte er: „Es macht Spaß, ihm zuzuhören.“ Der CDU warf er vor, in der „sogenannten Awo-Affäre“ mit „Dreck nach meiner Frau“ zu werfen, ihr indirekt sogar Prostitution zu unterstellen. „Halten Sie meine Frau raus“, sagte Feldmann. Er war in die Kritik geraten, weil seine damalige Lebensgefährtin Zübeyde überdurchschnittlich gut bezahlte Leiterin mit Dienstwagen einer türkisch-deutschen Awo-Kita wurde. Auch Busch kritisierte einen „Feldzug, der sogar vor Peters Familie nicht haltmacht“. Aber Feldmann sei „Teil des SPD-Teams im Wahlkampf“. Josef lobte Feldmann dafür, sich gegen Antisemitismus und Rassismus zu stellen und sich nicht von der AfD einschüchtern zu lassen.

          Auf Platz 5 der Liste kam Holger Tschierschke, auf 6 die stellvertretende Parteivorsitzende Sylvia Kunze. Sie verteidigte Josefs Vorgehen, Dezernenten auf die Liste zu setzen. Außer Josef selbst, der Planungsdezernent der Stadt ist, und Weber stehen auf den Plätzen 30 und 31 Kulturdezernentin Ina Hartwig und Verkehrsdezernent Klaus Oesterling. Sollte die SPD an der Regierung bleiben, würden diese als Magistratsmitglieder nicht zugleich Stadtverordnete. Auf den Plätzen 7 bis 10 stehen Abdenassar Gannoukh, Kristina Luxen, Hüseyin Sitki und Almuth Meyer. Etliche aus der jetzigen Fraktion sind nicht mehr dabei. Josef sagte, sie alle hätten das selbst entschieden: „Sie haben ihr eigenes Wohl hinter das Wohl der Partei gestellt.“

          Weitere Themen

          Topmeldungen

          Auf dem Weg: Ein ICE verlässt den Frankfurter Hauptbahnhof.

          Geldsegen für die Schiene : Die Bahn im Glück – und im Zugzwang

          Die Deutsche Bahn musste tief sinken, damit die Politik den Ernst ihrer Lage erkennt. Doch bald fließt das Geld, dann gibt es für Verspätungen und unzufriedene Kunden keine Ausreden mehr.
          Eine Lehrerin schreibt in einer Grundschule in Baden-Württemberg Wörter an eine Tafel.

          Baden-Württemberg : Lehrer sollen künftig mehr arbeiten

          Die baden-württembergische Kultusministerin Theresa Schopper will mit einem Maßnahmenpaket den Lehrkräftemangel bekämpfen. Darunter wird wohl die „Work-Life-Balance“ der Lehrer leiden.

          Newsletter

          Immer auf dem Laufenden Sie haben Post! Die wichtigsten Nachrichten direkt in Ihre Mailbox. Sie können bis zu 5 Newsletter gleichzeitig auswählen Es ist ein Fehler aufgetreten. Bitte versuchen Sie es erneut.
          Vielen Dank für Ihr Interesse an den F.A.Z.-Newslettern. Sie erhalten in wenigen Minuten eine E-Mail, um Ihre Newsletterbestellung zu bestätigen.