Flüchtlinge in Hessen : Rückkehr seltener Krankheiten
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Viele Kinder müssen geimpft werden, um vor Krankheiten wie Polio, Masern oder Windpocken zu schützen. Bild: dpa
Das Gesundheitsamt im Rheingau-Taunus-Kreis brauche mehr Mediziner, um die dortigen Flüchtlinge zu versorgen. Gerade Ansteckungskrankheiten gilt es zu bekämpfen. Aber auch mit der Erstaufnahmestelle ist das Amt unzufrieden.
Das Gesundheitsamt des Rheingau-Taunus-Kreises braucht mehr Geld und Personal, um im Hinblick auf die Gesundheitsvorsorge den Strom der Flüchtlinge bewältigen zu können. „Die neuankommenden Asylsuchenden bringen zum Teil Krankheiten mit, die bei uns nur noch selten auftreten“, berichtet Gesundheitsdezernentin Monika Merkert (SPD). Ihre Mitarbeiter seien durch die Diagnose und Behandlung teils ansteckender Krankheiten stark gefordert.
Merkert ist unzufrieden mit der Arbeit der hessischen Erstaufnahmeeinrichtung in Gießen. Die Untersuchungsbögen mit den Ergebnissen der in Gießen vorgenommenen Erstuntersuchungen fehlten in manchen Fällen oder enthielten nur unzureichende Angaben. Daraus ergebe sich im Landkreis ein zusätzlicher Verwaltungsaufwand.
Das Gesundheitsamt rechnet in diesem Jahr mit bis zu 1500 Neuankömmlingen, deren Untersuchungsbögen von einem Arzt geprüft werden müssten. Darunter falle auch das Röntgen von Frauen nach der Entbindung sowie die Aufforderung, Kinder wegen fehlender Impfungen einem Kinderarzt vorzustellen. Das sei zur Vorbeugung notwendig, unter anderem wegen des Ausbruchs von Polio in Syrien, von Masern in Berlin und Kassel und von Windpocken in Gießen. Merkert rechnet in diesem Jahr mit mindestens 250 zusätzlichen amtsärztlichen Untersuchungsaufträgen, mit der Prüfung ärztlicher Hilfsmittelverordnungen und der Notwendigkeit von Behandlungen und Operationen.
60 Fälle meldepflichtiger Krankheiten
Hinzu kamen schon in den ersten sechs Monaten des Jahres 110 Einschulungsuntersuchungen von Kindern und Jugendlichen mit gleichzeitiger Prüfung der Impfbücher sowie einer Beratung der Eltern oder Betreuer. In diesem Jahr wird laut Merkert eine Zunahme von bisher jährlich 60 auf mindestens 150 Untersuchungen von Kindern und Jugendlichen erwartet. Hinzu kommen voraussichtlich 80 zahnärztliche Gutachten.
Zwischen Juni 2014 und Mai 2015 registrierte das Gesundheitsamt 60 Fälle meldepflichtiger Krankheiten wie beispielsweise Krätze, und es seien Einzelfälle von Tuberkulose diagnostiziert worden. Die Patienten müssten über Monate beobachtet und ihre Therapie begleitet werden bis hin zur Kontrolle der Einnahme der Medikamente. Manche Flüchtlinge seien unter schlechten hygienischen Bedingungen monatelang unterwegs gewesen. Sie hätten im Freien geschlafen und seien für Infektionen anfällig gewesen.
Sprachbarrieren machten die Behandlung nicht einfacher. Zusätzliche Arbeit fällt für das Gesundheitsamt durch die Kontrolle der Gemeinschaftsunterkünfte im Hinblick auf die Einhaltung der Trinkwasserverordnung an. Derzeit gibt es im Rheingau-Taunus 60 Asylunterkünfte mit bis zu 200 Bewohnern. In Anbetracht der Finanzlage des Kreises hat Merkert für 2016 zunächst nur eine zusätzliche halbe Stelle für eine Arzthelferin beantragt. Darüber hinaus rechnet der Rheingau-Taunus-Kreis für die weitere medizinische Versorgung der Asylbewerber mit der Summe von 1,2 Millionen Euro.