Holocaust-Forschung : RP Kassel beleuchtet eigene Rolle zur NS-Zeit
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Das Regierungspräsidium Kassel will als eine der ersten Mittelbehörden Deutschlands seine Rolle in der NS-Zeit untersuchen. Doch fast alle Akten des Amtes verbrannten im Zweiten Weltkrieg - wie also vorgehen?
Als eine der ersten Mittelbehörden Deutschlands untersucht das Regierungspräsidium Kassel seine Rolle während der Zeit des Nationalsozialismus. Die Forschungsergebnisse der Historikerin Janine Freund sollen 2017 anlässlich des 150-jährigen Bestehens des Regierungspräsidiums (RP) als Buch erscheinen.
Die Wissenschaftlerin geht der Frage nach, inwieweit die Behörde in die Verfolgung und Vernichtung von Juden und anderen verstrickt war. Zudem wird die Stellung des RP in der Zusammenarbeit mit der NSDAP beleuchtet. „Es gab lange Zeit das Bild der sauberen Verwaltung“, sagte Freund bei der Vorstellung des Projekts am Mittwoch. Nach ihren ersten Forschungen „war die Zusammenarbeit jedoch gedeihlich“, auch wenn es Konflikte zwischen Partei und Verwaltung gegeben habe.
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In der Arbeit sollen außerdem leitende Beamte und das Behördenhandeln im Alltag untersucht werden. Beispielsweise habe es einen schlechten Schornsteinfeger gegeben, dem aber wegen seiner Parteizugehörigkeit noch einmal eine Chance gegeben werden sollte.
Die Forschung gestaltet sich schwierig, weil im Zweiten Weltkrieg beim Angriff auf Kassel im Oktober 1943 nahezu alle Akten des RP verbrannten. Freund stützt ihre Arbeit deshalb auf Papiere anderer Behörden, Personalakten, Archive oder Nachlässe.