Von Pflaumen und Zwetschgen : Hier macht die Naht den Unterschied
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Der aufmerksame Leser wird erkennen, ob es sich hierbei um eine Zwetschge oder gewöhnliche Pflaume handelt. Bild: Lando Hass
Jede Zwetschge ist eine Pflaume, aber nicht alle Pflaumen sind Zwetschgen. Zum Kochen und Backen taugen beide. In Frankfurts Restaurants werden aber noch außergewöhnlichere Dinge mit dem Obst gemacht.
Die schönste aller Farben ist Blau? Dann willkommen im Club. Andere Lieblingsfarbe? Macht nichts, es kommt auf den Geschmack an. Bei Pflaumen und Zwetschgen zum Beispiel, die jetzt so schön blau in den Bäumen hängen und in den Läden liegen.
Aus Pflaumen kann vieles werden, am besten macht man Mus aus ihnen. Das schmeckt nicht nur am Ende gut, die Herstellung ist garantiert entspannend. Ein Rezept, das immer funktioniert, ist sehr einfach, man braucht nur etwas Zeit, man nimmt sie sich dafür am besten an einem zu Ende gehenden freien Tag. Und außerdem: zwei Kilogramm reife Pflaumen, eine Zimtstange, das Mark eines Drittels einer Vanillestange, eine Gewürznelke, braunen Zucker und etwas Rum.
Lesen, trinken, manchmal umrühren
Die Früchte halbieren, entsteinen und mit zwei gestrichenen Esslöffeln Zucker in einen Topf geben. Wenig Wasser (der Topfboden sollte knapp mit Flüssigkeit bedeckt sein) hinzufügen, zum Köcheln bringen. Die Temperatur herunterschalten, bis das Obst nur noch ab und zu blubbert. Zimtstange, Vanille und Nelke hinzufügen. Ein Buch nehmen und ein Glas Wein und sich in die Küche setzen, in der sich langsam ein betörender Geruch auszubreiten beginnt. Lesen, trinken, manchmal umrühren. Nach einer Stunde zwei Esslöffel Rum zugeben, bei Bedarf noch Zucker. Die Masse weitere zwei bis drei Stunden auf dem Herd lassen, bis sie eingedickt ist. In ausgekochte Schraubgläser abfüllen.
Das Mus schmeckt gut zu jungem wie reifem Ziegenkäse und pur auf gebuttertem Weißbrot. Bei jedem Bissen kommt die Erinnerung an die Entstehung zurück, garantiert.
Weniger gefühlig geht es natürlich auch, bei einem Pflaumenkuchen mit einem schnell zuzubereitenden Mürbteig etwa: Für einen Boden, der eine Springform mit 26 Zentimeter Durchmesser bedecken und ein knappes Kilogramm Obst tragen soll, 100 Gramm weiche Butter mit zwei Eiern, 100 Gramm Zucker, 200 Gramm Mehl, einem Teelöffel Backpulver und einer Prise Salz schnell verkneten. Teig ausrollen, die entsteinten und halbierten Früchte auflegen und bei 180 Grad gut 40 Minuten backen, Nach dem Auskühlen mit Zucker bestreuen.
Zwetschgen zum Backen
An der Frage, ob zu so einem Kuchen ein Guss gehört, scheiden sich die Geister, genauso wie daran, ob nicht ein Hefeteig besser ist für diese Obst-und-Mehl-Verbindung. Wenn Guss, dann auf jeden Fall nicht aus Puddingpulver, sondern aus Schmand und Eiern (zwei bis drei auf 200 Gramm Schmand und 50 Gramm Zucker). Vor dem Backen aufgießen, das passt dann zu Mürbteig wie zu Hefeteig. Ohne schmeckt der Kuchen aber mindestens genauso gut, vielleicht sogar besser.
So oder so nimmt man zum Backen am besten Zwetschgen und fürs Mus am besten Pflaumen. Die sind nicht nur die Mutter der Begrifflichkeit, wenn es um das blaue Obst geht, das meistens nur als Pflaume bezeichnet wird. Die Zwetschge ist, wie die Mirabelle, eine Unterart der Pflaume, saurer als diese und fester und weniger saftig. Äußerlich kann man beide an der Intensität der Farbe unterscheiden, Zwetschgen sind tief dunkelblau bis blauschwarz, eher länglich, ihr Fruchtfleisch ist gelbgrün. Pflaumen sind heller, eher rund, haben eine deutlich zu sehende Naht, ihr Fruchtfleisch ist rötlich.
Vernachlässigte Vitamin-Bomben
Der Pflaumenbaum, so sagen es die Lexika, stammt vermutlich aus Vorderasien und gelangte im zwölften Jahrhundert nach Europa, mit den Kreuzrittern. In der Hochzeit des Streuobstanbaus war in Deutschland die Pflaume besonders verbreitet. Bei der Obstbaumzählung des Jahres 1900 wurden mehr Pflaumenbäume als Apfelbäume aufgelistet, knapp 70 Millionen vor etwas mehr als 30 Millionen.
Im heutigen Obstanbau spielen Pflaumen eine nur kleine Rolle. Knapp 70 Prozent des sogenannten Baumobstanbaus entfällt auf Äpfel, Pflaumen werden mit neun Prozent geführt (zum Vergleich: Süßkirschen mit zwölf Prozent).
Neben Vitaminen enthalten Pflaumen vor allem Kalzium, Zink und Kupfer. Die Wachsschicht, die sich beim Reifen entwickelt, schützt die Früchte, weshalb man sie erst kurz vor dem Verzehr gründlich, aber vorsichtig abwaschen sollte. Pflaumen halten sich nicht lange, also bald in den Topf mit ihnen. Für ein Kompott die Früchte halbieren, entkernen und in einer Mischung aus Rotwein und Wasser (etwa 150 Milliliter auf 500 Gramm Obst) und etwas Zucker pochieren, sodass sie gerade zerfallen, aber nicht zerkochen. Die Schalen herausfischen, das Kompott nach Geschmack mit etwas Zimt würzen und zum Beispiel zu einem kräftigen Gulasch auftischen.
Pflaumen lassen sich auch gut fermentieren, dann halten sie sehr lange, und man kann interessante Dinge mit ihnen machen. So wie Anton de Bruyn zum Beispiel, der Küchenchef des Restaurants Emma Metzler in Frankfurt hatte in einem Take-away-Menü im Februar einen Blutwurststrudel mit Radicchio, fermentierten Zwetschgen und Mohnvinaigrette, das war eine gute Kombination.