Restaurierung historischer Möbel : Gekochtes Furnier für den Frankfurter Schrank
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Präzise Handwerksarbeit: Restauratorin Naumburg ersetzt ein kleines Stückchen am Frankfurter Schrank. Bild: Röth, Frank
Die Restauratorin Barbara Naumburg erfüllt sich einen Traum: Sie arbeitet an einem Meisterstück des Möbelhandwerks, das einst bei Goethes im Treppenhaus stand.
Ihre Hände tasten über das Furnier und bestätigen häufig, was Barbara Naumburgs geübter Blick schon entdeckt hat: Stellen, an denen das alte Möbelstück durch Gebrauch abgenutzt, durch Transporte beschädigt, mitunter durch frühere Reparaturen in Mitleidenschaft gezogen wurde. Die Restaurierung historisch, mitunter auch nur persönlich wertvoller Schränke, von Stühlen und Truhen, das ist für die Tischlermeisterin, die in Bad Soden aufwuchs und seit 20 Jahren in Frankfurt-Bockenheim eine Restaurierungswerkstatt betreibt, Alltagsgeschäft.
Im Augenblick hat Naumburg jedoch etwas in Arbeit, das ihr Herz höher schlagen lässt: Einen knapp 300 Jahre alten Frankfurter Schrank. Und der, da sind sich die heutigen Eigentümer sicher, wurde um 1730 gefertigt und hatte einst bei Goethes im Treppenhaus am Großen Hirschgraben gestanden. Zwei solcher Schränke haben die Vorfahren der heutigen Besitzer um 1860 aus dem Haus, das damals schon nicht mehr den Goethes gehört, erworben. Einer wurde später bei einem Bombenangriff zerstört, der andere, der nun reparaturbedürftig ist, im Zweiten Weltkrieg nach Kassel in Sicherheit gebracht. 1949 zeigte man ihn anlässlich der Goethe-Ausstellung zum 200.Geburtstag des Dichters im Prinz Georg-Palais in Darmstadt.
Frankfurter Schrank entstand von 1686 an
Naumburg berichtet gern von der Geschichte des repräsentativen Möbelstücks, doch fachlich interessiert es sie noch mehr, wie er entstand, überhaupt, was einen Frankfurter Schrank auszeichnet. Die Restauratorin, die auch Dozentin in ihrem Fach ist, hat sich dafür tief in die Historie eingearbeitet.
Die ältesten Frankfurter Schränke haben Pilaster oder Säulen und sind zwischen 1686 und 1788 als Prüfungsarbeit und Talentprobe für den Meistertitel hergestellt worden, wie sie berichtet. Das habe die Tischlerzunft in einer Verordnung vorgeschrieben und dabei auch noch festgelegt, wer überhaupt zur Meisterprüfung zugelassen wurde, um unnötige Konkurrenz abzuwehren. Frankfurter Gesellen hatten den etwas einfacheren Pilasterschrank zu bauen, denn er hatte nur an der Front die Teilpfeiler, während Zugereiste die aufwendigeren Vollsäulenschrank herstellen mussten. Die Frankfurter hatten ihr Werk in fünf Monaten, die Fremden in sechs Monaten herzustellen, und zwar in „zünftiger Verarbeitung“, sagt Naumburg, „nur mit Holz und Hautleim, mit Nut und Feder, Schlitzen und Zapfen – ohne Nägel oder Eisenbänder“.
Später seien als Frankfurter Schränke noch die „Wellen- und Ecknasenschränke“ hinzugekommen. Allen gemeinsam sei die stattliche Größe und die Tatsache, dass sie aus Walnussholzfurnier gefertigt wurden. Und um die Fertigkeit des Tischlers zu zeigen, hatten die Schränke die vielen Vor- und Rücksprünge, kräftige Wulste und „tiefe Kehlen“. Unter den technischen Bedingungen der Zeit seien dies „einfach grandiose Leistungen“.
Man darf dem Möbel seine Geschichte ansehen
Um die Meisterstücke von einst zu restaurieren, muss auch Naumburg Furnier in Wasser kochen, über heiße Eisen ziehen und mit kleinen Sandsäcken in Form drücken. Ausgeblichenes versucht sie mit Schellack und Politur instand zu setzen. „Da wird nichts abgeschliffen“, sagt sie, zumal man einem Möbel seine Geschichte samt Gebrauchsspuren ruhig ansehen dürfe.
Wer den teilrestaurierten Frankfurter Schrank der Goethes sehen möchte, ebenso wie die Materialien zur Restaurierung, kann dies noch heute auf der „Art & Antique International“ auf dem Frankfurter Messegelände am Stand von Barbara Naumburg. Dort steht er in seiner ganzen Schönheit.
Die „Art & Antique International“, Frankfurt Messe, ist am Sonntag, 16. Februar 2014, bis 19 Uhr geöffnet, der Eintritt kostet zwölf Euro.