Bericht des Rechnungshofs : Mängel bei Lebensmittelkontrollen und Digitalisierung
- -Aktualisiert am
Zu wenig Betriebskontrollen und zu große Rückstände in der Digitalisierung: Der hessische Rechnungshof kritisiert das Management der Ministerien. Der Mangel an Wohnheimplätzen oder auch das eJustice-Programm stehen besonders in der Kritik.
Nicht nur der Umgang der Landesregierung mit dem Geld der Steuerzahler, sondern auch manche von den Ministerien gesteuerte Prozesse rufen dezidierte Kritik des Rechnungshofes hervor. Dessen Präsident Walter Wallmann bemängelte am Donnerstag beispielsweise die Lebensmittelüberwachung. Sie ist den 26 kommunalen Veterinärämtern übertragen worden. Das Umweltministerium muss aber dafür sorgen, dass staatliche Aufgaben wie Betriebskontrollen und die Entnahme von Proben auch tatsächlich erfüllt werden. Die Prüfung der Jahre 2016 bis 2018 durch den Rechnungshof ergab, „dass die Veterinärämter die Anforderungen an die Lebensmittelüberwachung insgesamt nur unzureichend erfüllten“. Von den für das Jahr 2018 vorgeschriebenen 50.900 Betriebskontrollen wurden lediglich 37.500 vorgenommen. Im Durchschnitt sei jede vierte Kontrolle ausgefallen, so Wallmann. Bei einem Amt habe die Erfüllungsquote nur bei 17 Prozent gelegen. Aus einer Drucksache des Landtags geht hervor, dass es sich in diesem Extremfall um den Odenwaldkreis handelt.
Bei den Lebensmittelproben, die vom Hessischen Landeslabor verlangt werden, zeigt sich nach den Erkenntnissen des Rechnungshofes ein ähnliches Bild: Von den angeforderten 20.700 Proben lieferten die Ämter dem Landeslabor nur 13.800. Die von Umweltministerin Priska Hinz (Die Grünen) nach dem Skandal um die Produkte der nordhessischen Firma Wilke angekündigten Reformen stellen den Rechnungshof nicht zufrieden. Er empfiehlt, die Ursachen für die Überwachungsdefizite aufzuklären und gemeinsam mit den Veterinärbehörden für einheitliche Kontrollen zu sorgen.
Zu wenige Wohnheimplätze für Studenten
Solange die gesetzlich vorgeschriebenen Plankontrollen nicht lückenlos durchgeführt werden könnten, sollten Betriebe mit höherem Risiko vorrangig überwacht werden. Die Behörde regt an, die Entnahme der Proben mittelfristig zur Aufgabe des Landeslabors zu machen. Es bedeute eine effiziente Zentralisierung, wenn die Entnahme und die Untersuchung der Proben in einer Hand lägen. Außerdem würden die kommunalen Aufgabenträger damit durch das Land entlastet. Sie bekämen mehr Zeit für die Betriebskontrollen. Die könnten dann häufiger stattfinden und sorgfältiger vorgenommen werden. „Land und Kommunen sind aufgefordert, die Überwachung zu verbessern“, sagte Wallmann. Zu diesem Zweck sei noch für diesen Monat ein gemeinsames Gespräch aller beteiligten Akteure mit den Experten des Rechnungshofes vereinbart.
Sie haben auch die fünf hessischen Studentenwerke geprüft und festgestellt, dass sich deren Rücklagen zwischen 2015 und 2019 von 74,5 Millionen auf 112,2 Millionen Euro erhöht hätten. Sie verfügten zum Teil über liquide Mittel bis zu einer Höhe von mehr als 29 Millionen Euro, sodass Negativzinsen an die Geldinstitute gezahlt werden müssten.
Für die Verwendung der Rücklagen konnte nur das Studentenwerk in Kassel Pläne vorlegen. Dies empfahl Wallmann allen Studentenwerken, um „damit die Angemessenheit der Rücklagen zu belegen“. Wo es keine konkreten Vorhaben gebe, müsse das Wissenschaftsministerium die Haushaltsansätze künftig kürzen.
Nach der Vorgabe der Landesregierung sollen für zehn Prozent der Studenten Wohnheimplätze vorgehalten werden. Tatsächlich lag die Quote nach den Erkenntnissen des Rechnungshofes im Wintersemester 2019/20 jedoch im Durchschnitt nur bei 5,4 Prozent. Die Nachfrage ist deutlich höher als das Angebot.
Mängel bei eJustice-Programms „nicht akzeptabel“
Die Studentenwerke sollten weiterhin Anstrengungen unternehmen, um wenigstens die von der Landesregierung vorgegebene Quote geförderter Wohnheimplätze zu erfüllen, forderte Wallmann. „Hierzu sind selbstverständlich Rücklagen notwendig, aber es darf nicht dazu führen, dass unendliche Rücklagen ohne konkrete Verwendungsplanung geschaffen werden.“ Außerdem gebe es Einsparmöglichkeiten bei der Bearbeitung der Anträge auf Bafög-Leistungen. Lege man externe Untersuchungen zu Grunde, könnten bis zu 20 Stellen wegfallen. Dies entspreche Einsparungen von 1,6 Millionen Euro pro Jahr.
„Mängel im Planungs- und Projektmanagement“ der Digitalisierung hält der Rechnungshof vor allem dem Justizministerium vor. Wallmann erinnerte daran, dass die Vorgaben des Bundes die verbindliche Einführung des elektronischen Rechtsverkehrs von 2018 an und der E-Akte bis Ende 2026 vorsähen. „In der hessischen Justiz ist die Einführung dieses eJustice-Programms aber aufgrund von Planungs- und Projektmängeln hinsichtlich Zeit und Kosten weit außer Plan.“ Die Laufzeit des Projekts habe sich von sechs Jahren auf elf Jahre erhöht. Die geplanten Kosten seien von 37 Millionen Euro im Jahr 2015 um 354 Prozent auf 168 Millionen Euro im Jahr 2019 gestiegen. „Das ist nicht akzeptabel“, so Wallmann.
Zwar könnten Schriftsätze, Anträge und Erklärungen von Rechtsanwälten als elektronische Dokumente bei den Gerichten eingereicht werden. Aber dort müssten sie ausgedruckt werden, um sie in der rechtsverbindlichen Papierakte bearbeiten zu können. Dies führe zu unnötigen und teuren Medienbrüchen, aus denen eine längere Bearbeitungszeit resultiere. „Durch eine stringente Digitalisierung könnten hier enorme Potenziale gehoben werden“, so der Präsident des Rechnungshofes. Bei einer Nutzung der E-Akte müsse mindestens eine halbe Million Schriftsätze pro Jahr nicht mehr ausgedruckt werden.