
Ganztagsbetreuung : Wenig Interesse an verlässlichen Daten
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Der Bedarf an Erziehern ist groß: Aber es fehlen statistische Angaben, wie viel Personal derzeit schon in der Ganztagsbetreuung tätig ist. Bild: dpa
Wie viele Erzieher in Hessen fehlen, ist unbekannt. Das ist erstaunlich. Wie will man politisch steuern, wenn man den Bedarf nicht kennt?
In drei Jahren gilt’s. Mit dem Beginn des Schuljahres 2026/27 haben Eltern, die ihr Kind in die erste Klasse schicken, einen Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz am Nachmittag. Danach kommt jedes Schuljahr eine Klasse hinzu. 2029/30 schließlich müssen alle Grundschulkinder, die auch nachmittags betreut werden müssen, versorgt sein. Bis dahin müssen die Kommunen ihr Angebot an Hortplätzen noch ordentlich ausbauen. Denn bislang haben erst 54 Prozent der Grundschüler in Hessen einen Hortplatz. Der Bedarf ist allerdings viel größer: 68 Prozent der Eltern wünschen sich Umfragen zufolge, dass ihr Kind auch nachmittags betreut wird.
Was es bedeutet, diese Lücke zu schließen, hat die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft in mühevoller Fleißarbeit analysiert. Ihrer Berechnung zufolge fehlen bis zum Schuljahr 2029/30, wenn der volle Rechtsanspruch gilt, mindestens 4800 Erzieher.
Wenig Interesse an verlässlichen Daten
Die Studie der Gewerkschaft wirkt plausibel, aber sie liefert nur einen groben Anhaltspunkt. Denn es fehlen statistische Angaben, wie viel Personal derzeit schon in der Ganztagsbetreuung tätig ist. Wenn man den Ist-Zustand aber nicht kennt, bleibt jede Prognose ein Stochern im Nebel. Wie viele Erzieher in Hessen tatsächlich fehlen, um den Rechtsanspruch zu erfüllen, bleibt ungewiss.
Es ist erstaunlich, wie wenig Interesse die Landesregierung an verlässlichen Daten hat. Der Fall erinnert an den Erziehermangel in den Kitas.
Schon auf die Frage, wie viele Kita-Erzieher in Hessen fehlen, hatte das dafür zuständige Sozialministerium keine Antwort.* Und bei der Ganztagsbetreuung an Grundschulen, die ins Ressort des Kultusministeriums fallen, fehlen ebenfalls wichtige Angaben. Das Land verweist stets auf die Kommunen, die für die Kinderbetreuung verantwortlich sind. Aber muss es nicht im Interesse des Landes sein, diese Zahlen zu kennen? Warum fragt es sie nicht zentral und regelmäßig ab? Wie will man politisch steuern, wenn man den Bedarf nicht kennt?
*Anmerkung der Redaktion: Das Kultusministerium ist für das Ganztagsprogramm an Grundschulen zuständig und muss gemeinsam mit den Schulträgern die Betreuung der Kinder am Nachmittag sicherstellen. Der Erziehermangel in den Kitas betrifft allerdings das Sozialministerium und nicht, wie in einer ersten Version des Kommentars behauptet, das Kultusministerium.