Wandertipp : Fern des Weltengetriebes
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Die Mosaike des Portals geben eine Ahnung von den motivischen und architektonischen Anlehnungen an die Bibel im Inneren der koptischen Kirche. Bild: Thomas Klein
Das koptische Kloster im Hintertaunus zeigt sich als geistliches Zentrum vitaler denn je. Ein Gotteshaus und Chorturmkirchen lohnen den Besuch.
Zu den vielen Erinnerungsmarken, die 2020 kleiner oder ganz ausfielen, hat auch das Doppeljubiläum des koptischen Klosters Kröffelbach in Waldsolms im Hintertaunus gehört. Das 40-Jahre-Gründungsgedenken der nach dem Stammvater des Klosterwesens, dem heiligen Antonius, benannten ägyptisch-orthodoxen Abtei konnte ebenso wenig gewürdigt werden wie die Einweihung der Kirche vor 30 Jahren im November 1990.
Dass die einzige Einrichtung ihrer Art stetig wachsen würde, hätte wohl niemand prophezeit, nachdem 1975 zwei hochrangige Kopten ausgesandt wurden, Niederlassungen in Deutschland zu finden. Offenkundig trafen sie fern des Weltengetriebes im Solmsbachtal eine gute Wahl. Wo nur zwei Altbauten standen, erstreckt sich heute ein größerer Komplex, seines Zeichen Bischofssitz und geistliches Zentrum aller koptischen Gemeinden Europas, samt der theologischen Ausbildung im von 50 Männern und Frauen besuchten Kolleg.
Gleichwohl versteht man sich als offenes Haus. An Seminaren und Mediationen darf jeder teilnehmen wie auch die Kirche zur inneren Einkehr lädt, schließlich sieht man das Christentum als universelle Religion, deren Anfänge eng mit den Kopten verknüpft sind. Laut Überlieferung wurde „Ägyptens erste Kirche“ durch den Evangelisten Markus um 60 nach Christus begründet. Sie bildete ein eigenständiges Patriarchat, widerstand römischer Verfolgung und dem Islam und zählt heute etwa ein Zehntel der Bevölkerung zu ihren Gläubigen.
Der Standort könnte nicht besser sein
Deutlich unterscheiden sich Architektur und Ausstattung der mit Spendengeldern finanzierten Kirche vom gewohnten Bild. Unverkennbar ihr orthodoxer Stil gekuppelter Apsiden und freistehendem Glockenturm. Eine Treppe führt zum Hauptportal, flankiert von Mosaiken mit dem Evangelisten Markus und der nach Ägypten geflohenen Heiligen Familie. Unter einem hölzernen Tonnengewölbe im Inneren, das dem umgedrehten Rumpf der Arche Noah nachempfunden ist, wird der Blick auf die Altäre und den Bischofsstuhl gelenkt, den die goldglänzende Ikonostase dahinter quasi zurückwirft auf die farbenfreudig-idealisierend gestalteten biblischen Motive der Portalwand.
Der Standort am Rand ausgedehnter Wälder könnte für ein Kloster nicht besser sein. Als integrierendes Band dient der endlose Forst auch für fünf 1971 zu Waldsolms vereinten Dörfern. Gut die Hälfte der 4500 Hektar Gemarkungsfläche bedecken Bäume, was sich in sehenswerten Fachwerkbauten niederschlug – vom archaischen Wehrkirchlein mit Fachwerkaufsatz in Kröffelbach bis zum klassizistischen Gebäude, dem nachmaligen Rathaus in Brandoberndorf.
Hier geht es lang
Seit Reaktivierung der Bahnstrecke zwischen Grävenwiesbach und Brandoberndorf ist der Waldsolmser Hauptort gut erreichbar. An der Endstation mit Parkplätzen hält man sich vorne links (Hasselborner Straße) zur Weiperfeldener Straße und an ihr rechts zur Bornbachstraße. Vom Bahnhof an flattert der wegweisende blaue Schmetterling voran. Das Naturpark-Zeichen wurde als Doppelschleife angelegt, von der eine Übersichtstafel nur die Südrunde skizziert. Wir bewegen uns dagegen von Ost nach West, so nicht eine Ortsbesichtigung vorangestellt oder verkürzend eingestiegen wird. Die Markierung passiert die Straße Unterseite. Für den historischen Kern mit seinen Fachwerkhäusern und der romanisch-frühbarocken Pfarrkirche folgt man ihr links.