Der Wandertipp : Gerüst um den Trümmerhaufen
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In den neunziger Jahre noch ein Trümmerhaufen, wiedererstand die um 1200 errichtete Anlage der Rienecker Grafen. Bild: Bappert
Ein Vierteljahrhundert Arbeit, und kein Ende absehbar. Stein für Stein lassen Ehrenamtliche die verfallene Burg Wildenstein im Spessart wiedererstehen.
Als vor 25 Jahren einige Bürger aus der Spessart-Gemeinde Eschau einen Verein zur Rettung von Burg Wildenstein gründeten, werden sie kaum geahnt haben, welche Marathonstrecke da vor ihnen lag. Mit Blick auf den überwucherten Trümmerhaufen vorsichtig zehn Jahre Einsatz taxiert, leisten die „Burgfreude“ noch immer ihre samstäglichen Schichten, ohne dass ein Ende absehbar wäre. Trotz Zugänglichkeit dürften noch lange Gerüste das Bild auf einem bewaldeten Bergsporn prägen.
Wie Sisyphos müssen sich die Helfer fühlen. Während aktuell der Palas instand gesetzt wird, hat die Natur anfangs restaurierte Teile schon zurückerobert. Doch der Fleiß zeitigt auch Erfolge. Zwinger, Tore und ein kleinerer Turm stehen wieder, vor allem aber sind der tiefe Halsgraben und der Mauerring mit seinen staufischen Buckelquadern beeindruckend erneuert.
Ein demonstrativer Akt gegen die mainzischen Erzbischöfe
Archäologische Begleituntersuchungen datierten sie deutlich früher als die Ersterwähnung 1260, wie sich auch sonst bis ins 17. Jahrhundert unter dem Eindruck veränderter Macht- und Wehrerfordernisse fünf größere Aus- und Umbauten nachweisen ließen. Selbst im Palas wurden aus Fenstern Schießscharten. Der ganze Aufwand für das etwas Abseits in einem Nebental der Elsava errichtete Gemäuer verstand sich als demonstrativer Akt der Rienecker Grafen gegen ihre Intimfeinde, die mainzischen Erzbischöfe.
Entsprechend reagierten die Herren des Spessarts. Mehrmals ließen sie die Wildenstein belagern und harte Bedingungen diktieren. Dennoch hielten die eigentlich im Raum Lohr beheimateten Rienecker das untere Elsavatal bis zu ihrem Aussterben 1559. Wegen verwickelter Lehnshoheiten kam Mainz allerdings auch hernach nicht zum Zuge. Stattdessen erhaschten die Grafen von Erbach einen Zipfel, und noch heute gehört ihnen die Burg.
300 Höhenmeter ab- und aufsteigen
Dass die Anlage strategisch eher ungünstig in Hanglage erbaut wurde und nicht etwa an der dahinter 520 Meter aufragenden Geishöhe dürfte mit dem Nachteil eines Hochplateaus zusammenhängen. Seine freie Lage entzog sich lange einer Besiedlung, bevor man im frühen 18. Jahrhundert aus den engen Spessarttälern zur Viehhaltung auf die Höhe zog, woraus eine dauerhafte Kolonie erwuchs.
Sind es auch keine 100 Bauern und Holzarbeiter mehr wie noch vor 150 Jahren, blieb die Geishöhe der höchstgelegene Spessartort, einschließlich eines Gasthofes mit Pension. Dank Straße braucht man für Kirchgang oder Schulbesuch auch nicht mehr ins Dammbachtal laufen. Noch bis 1972, rund 2000 Mal in einem Volksschulleben, mussten die Kinder über 300 Höhenmeter ab- und wieder aufsteigen. Seit 2006 erinnert ein dem felsigen Terrain mit Sandsteinstufen und „Findlingen“ wundervoll angepasster „Erlebnispfad Alter Schulweg“ an diesen beschwerlichen Bildungsweg.
Wegbeschreibung
Start ist an der Bushaltestelle „Neuhammer“ zwischen dem Eschauer Ortsteil Hobbach und dem zu Dammbach zählenden Wintersbach; benachbart ein großer Wanderparkplatz mit Wegetafel. Davon pickt man den stilisierten Specht (grünblau) der Spessartfernroute 2 heraus (ergänzt von einem der blauen Spessart-Kulturwege).
Zuerst weist der Wappenvogel des Mittelgebirges ins Dammbachtal, um auf erhöhter Warte durch Streuobstwiesen zu führen. Knapp vor Wintersbach setzt der Specht für eine Rechtskurve über den aufgewölbten Hang an. Damit beginnt das Steigen, dessen Dramaturgie freilich jede Anstrengung vergessen lässt. Sind wir am obersten Absatz der Weiden links in Wald eingeschwenkt, queren wir 300 Meter kaum später das Sträßchen zur Geishöhe.
Etwas tiefer zeigt ein Schild den Beginn des vielstufigen „Alten Schulwegs“ an. Bald kreuzt man erneut die Straße, nur um die Kletterpartie durch den Felsgarten noch zu steigern, lediglich unterbrochen durch eine Schutzhütte über der 1923 angelegten Wasserpumpe für die Gipfelregion sowie einem Golgatha-Kreuz mit Szenen der alle fünf Jahre aufgeführten Dammbacher Passionsspiele.