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Der Wandertipp : Wie die Flammen einer Fackel

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Weltweit wurde sie zum Begriff – alle die Parks und Alleen zierenden Pyramideneichen stammen von dieser bei Harreshausen stehenden Mutation ab. Jetzt 550 Jahre alt, wurde die „Schöne Eiche“, wie sie bereits zur Barockzeit bekannt war, kürzlich zu einem der 100 „Nationalerbe-Bäume“ geadelt. Bild: Thomas Klein

Im Tal der Gersprenz bei Babenhausen ist außergewöhnliche Natur zu entdecken, darunter auch die als Nationalerbe-Baum geadelte „Mutter aller Pyramideneichen“.

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          Auf dem Stahlstich der „Großherzoglich Hessischen Generalkarte“ von 1823 ist mit zierlicher Schrift „Die Schöne Eiche“ nördlich des Babenhausener Stadtteils Harreshausen vermerkt. Dieser Eintrag gilt als erste „offizielle“ Nennung eines Baumes, um dessen Wert man bereits zur Barockzeit wusste. Sonst wären im Siebenjährigen Krieg keine Soldaten der Grafschaft Hanau abkommandiert worden, „Frevel“, mithin das Fällen für Brennholz zu verhindern.

          So viel Aufhebens um eine Eiche lag weniger in ihrem Alter von schon damals rund 350 Jahren. Hier heiligte der außergewöhnliche Wuchs ungewöhnliche Mittel – Äste, die erst am Ende des etwa zehn Meter hohen Stammes aufsteigen, so bewegt wie züngelnde Flammen eines gigantischen Fackelstabs. Später wurde Abweichendes zu schlank-pylonenartigem Wuchs gestutzt, bis Abkömmlinge selbsttätig gen Himmel strebten, wobei eine weitere Anomalie auftrat – vielfach fallen die Blätter im Winter nicht ab und verdichten sich zu einem schützenden Mantel.

          Heute zieren Ableger der „Mutter aller Pyramideneichen“ weltweit Parks und Alleen. Grund genug, sie als einen der 100 „Nationalerbe-Bäume“ auszuzeichnen, wie kürzlich durch die Deutsche Dendrologische Gesellschaft, wenn auch wegen Blitzschlag nurmehr halb so hoch gegenüber früheren 30 Metern.

          Kaum weniger beeindruckt ein anderes Naturdenkmal Babenhausens: die doppelreihig gepflanzte Ulmenallee auf gut einen Kilometer bis Harreshausen. Um Kastanien und Linden ergänzt, flankierte sie die Zufahrt zum Jagdschlösschen der Hanau-Lichtenberger Grafen. Ausgangspunkt war ihr ursprünglich als Wasserburg erbautes Schloss in Babenhausen. Obwohl restauriert, harrt die Anlage allerdings schon lange einer sinnvollen Nutzung. Zuletzt war ein Luxushotel im Gespräch.

          Mit über einem Kilometer Länge erstreckt sich zwischen Babenhausen und Harreshausen eine der längsten und breitesten Alleen in Hessen. Die beiderseits der Straße doppelreihig gesetzten Ulmen – unterdessen vielfach ersetzt durch Linden und Kastanien – verband das Schloss der Hanauer Grafen mit ihrem Jagdsitz im Tal der Gersprenz.
          Mit über einem Kilometer Länge erstreckt sich zwischen Babenhausen und Harreshausen eine der längsten und breitesten Alleen in Hessen. Die beiderseits der Straße doppelreihig gesetzten Ulmen – unterdessen vielfach ersetzt durch Linden und Kastanien – verband das Schloss der Hanauer Grafen mit ihrem Jagdsitz im Tal der Gersprenz. : Bild: Thomas Klein

          Diese Leerstelle ist eher untypisch für die generalüberholte Altstadt zwischen gotischer Nikolaikirche, Adelshöfen, Stadtmauer und dem Gaylingschen Amtshaus. Das in Privatinitiative sanierte Fachwerkgebäude von 1555 birgt das Territorialmuseum, ein Name, der auf die verwickelten dynastischen Verhältnisse der Hanauer Nebenlinie Lichtenberg-Babenhausen anspielt.

          Vergessen gehen nicht die Schöne Eiche und die Ansiedlung von Przewalski-Pferden. Seit dem Abzug einer amerikanischen Garnison 2007 wären für den Truppenübungsplatz auch andere Verwendungen als das Unterschutzstellen seiner nacheiszeitlichen Vegetation und die Aufnahme bestandsgefährdeter Pferde denkbar gewesen. Doch man schenkte der Natur dieses 85 Hektar große Gelände „In den Röden“, für dessen Landschaftspflege fünf Stuten und ein Hengst der „Przewalskis“ sorgen. Allein mit dem Nachwuchs wollte es nicht klappen. Nun soll es ein anderer Hengst richten, schließlich möchte man, so das Ziel des vom Bundesforst betreuten Projektes, Tiere wie bei verwandten Einrichtungen in Hanau oder Aschaffenburg erst in ihren angestammten Steppen der Mongolei auswildern, wenn sich Fohlen einstellen.

          Wegbeschreibung:

          Vom Bahnhof kommt man in wenigen Schritten über die Straße Platanenallee zur Peripherie der Altstadt. Sofern nicht ihre Besichtigung voransteht, biegt man gleich rechts in die Bürgermeister-Rühl-Straße. Autofahrer finden gegenüber am Schloss oder rechts an der Gersprenz viel Parkraum. Noch den früheren Wasserturm passiert, schon umfängt uns die Harreshäuser Allee mit ihren gut 450 Bäumen.

          Die Doppelreihen beiderseits der Straße unterbricht vor Harreshausen eine Bahnlinie; am Ortsrand dann halb rechts in die Babenhäuser Straße. Links davon steht neben der kleinen Grünanlage eine großartige, vollständig von rotbraunem Laub bedeckte Pyramideneiche. Von dort an lässt sich auch abkürzen, indem man mit dem Stockstädter Weg geradeaus weiterläuft.

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