Wahlkreis 47: Rund um Rüsselsheim : Opel, der Flughafen und Andrea Ypsilanti
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Opel ist das größte Unternehmen in Rüsselsheim Bild: AP
Im Wahkreis 47 rund um Rüsselsheim geht es um Arbeitsplätze. Die SPD will das Mandat verteidigen, die CDU mit neuem Bewerber punkten. Unklar ist, wie das Scheitern der gebürtigen Rüsselsheimerin Andrea Ypsilanti die Entscheidung der Wähler bestimmen wird.
Zwischen Champagnerlaune und Katerstimmung liegt womöglich nur ein Jahr: Im Januar 2008 durften sich die Sozialdemokraten als Sieger fühlen. Denn bei der Landtagswahl kehrten sie zu alter Stärke zurück – zumindest im Wahlkreis 47. Renate Meixner-Römer eroberte das Mandat von ihrem CDU-Rivalen Roger Lenhart zurück, und damit kehrte zumindest nach dem Gefühl der Genossen ein Stück Normalität ein. Denn der Wahlkreis mit der Industriestadt Rüsselsheim und den benachbarten Gemeinden galt lange als sichere Bank für Bewerber der SPD. Doch bei der Neuauflage der Wahl am 18. Januar muss die 48 Jahre alte Meixner-Römer um ihr Wahlkreismandat bangen: Zu unklar ist, wie das Scheitern der gebürtigen Rüsselsheimerin Andrea Ypsilanti bei der Regierungsbildung die Entscheidung der Wähler bestimmen wird.

Redakteur in der Rhein-Main-Zeitung.
Opel bat um Bürgschaften
In den Brennpunkt der landespolitischen Aufmerksamkeit rückte der Wahlkreis in den Wochen vor der Wahl durch das größte Unternehmen am Platze: Weil der Mutterkonzern General Motors vor der Pleite steht, bat Opel Bund und Land um Bürgschaften. Die Gespräche darüber dauern an, die Beteiligten geben sich optimistisch – und Kapital für den Wahlkampf werden SPD und CDU daraus kaum schlagen können. Denn beide Volksparteien zeigten sich in dieser Frage im Landtag einig, und so taugt das Thema nicht zur Profilierung. Doch die Zukunft des Unternehmens bewegt im Wahlkreis mehr Menschen als landespolitische Kabale: 126 000 Menschen leben im Wahlkreis, fast die Hälfte von ihnen in Rüsselsheim. Und dort wie auch in den Nachbargemeinden Bischofsheim, Kelsterbach, Nauheim, Raunheim und Ginsheim-Gustavsburg ist Opel nach wie vor ein wichtiger Arbeitgeber in der von Industrie und Frankfurter Flughafen geprägten Region.
Ansonsten hat sich, verglichen mit der vergangenen Wahl, an den Themen wenig geändert. Wie überall im Land versuchen die Parteien mit Vorschlägen zu Schul- und Bildungspolitik zu punkten. Meixner-Römer, von Haus aus Lehrerin, hat diese Fragen ohnehin zu ihrem landespolitischen Schwerpunkt erklärt. Diskutiert wird auch über den geplanten Ausbau des Frankfurter Flughafens, gegen den sich die SPD im Wahlkreis im Gegensatz zur Landespartei ausgesprochen hat. Zu verhindern sei er aber kaum noch, so lautet die Einschätzung, aber die Forderung nach einem strikten Nachtflugverbot ist nach wie vor aktuell.
Am stärksten betroffen vom Bau einer neuen Landebahn wäre dabei Kelsterbach, schließlich soll die Piste im Wald der Stadt gebaut werden. Das wird in der Stadt abgelehnt, was aber an einem Punkt zu einer Gratwanderung für die Kommune wird. Denn das von Ausbaugegnern errichtete Hüttendorf im Wald liegt auf Kelsterbacher Gemarkung, und SPD-Bürgermeister Manfred Ockel hat schon klargemacht, dass er diese Form des Protests nicht auf Dauer akzeptieren kann. Daraus destillieren radikalere Ausbaugegner den Vorwurf, Ockels – und somit Kelsterbachs – Widerstand gegen den Ausbau sei nicht konsequent. Zumal die Stadt schon so unter der Erweiterung zu leiden hat: Die Chemiefabrik Ticona, größter Arbeitgeber Kelsterbachs, zieht wegen der neuen Landebahn nach Frankfurt um.
Meixner-Römer stand zur Entscheidung Ypsilantis
Neu ist der Kandidat, der für die CDU das Mandat erringen will. Der 28 Jahre alte Patrick Burghardt aus Mörfelden-Walldorf. Sein Vorgänger Roger Lenhart verzichtete nach innerparteilicher Kritik auf eine abermalige Bewerbung, Burghardt setzte sich schließlich mit deutlicher Mehrheit gegen zwei Mitbewerber durch. Erfahrungen gesammelt hat der Speditionskaufmann bisher vor allem in der Kommunalpolitik seiner Heimatstadt, dort ist er Stadtverordneter und Vorsitzender der CDU. Auf der Landesliste findet sich Burghardt auf dem 55. Platz – sein Weg nach Wiesbaden führt also nur über das Wahlkreismandat. Auf Platz 27 der Landesliste stehen da die Chancen für Renate Meixner-Römer besser, selbst wenn sie sich im Wahlkreis nicht durchsetzen sollte.
Anders als ihre ehemalige Fraktionskollegin Carmen Everts, die das Mandat im zweiten Groß-Gerauer Wahlkreis errungen hatte, stand Meixner-Römer zur Entscheidung Ypsilantis, auch mit Unterstützung der Linken im Landtag einen Regierungswechsel herbeizuführen, was ihr von Burghardt im Wahlkampf vorgehalten wird.
Für die FDP tritt einmal mehr der Vorsitzende des Kreisverbands und der Kreistagsfraktion, Peter Engemann, an. Vor fünf Jahren hätte es für ihn beinahe zum Einzug ins Parlament über die Landesliste gereicht, diesmal aber hat er dort wie schon bei der Wahl 2008 keine aussichtsreiche Position. Ähnliches gilt für Christine von Essen, die für die Grünen im Wahlkreis 47 kandidiert. Die 45 Jahre Rüsselsheimerin gehört dem Groß-Gerauer Kreistag an, ist dort Fraktionsvorsitzende und engagiert sich in ihrer Heimatstadt unter anderem für das kommunale Lokalradio K2R.
Auch der Kandidat der Linken hat seine Wurzeln in Rüsselsheim: Bernd Heyl trat dort schon für die „Liste Solidarität“ an, für die er auch in die Stadtverordnetenversammlung und in den Stadtrat gewählt wurde. Der Linken hat sich Heyl nicht angeschlossen, der Lehrer tritt für sie als parteiloser Bewerber an.