Gedenkgottesdienst : „Heute vor einem Jahr ist uns in Volkmarsen ein Alptraum passiert“
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Beate Hofmann (links), Bischöfin der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck, Volker Bouffier (mittig), Ministerpräsident von Hessen, und Karlheinz Diez (rechts), Weihbischof in Fulda stehen beim ökumenischen Gedenkgottesdienst zum Jahrestag der Amokfahrt beim Karnevalsumzug. Bild: dpa
Mit einem Gedenkgottesdienst hat Volkmarsen an die Attacke mit einem Auto auf den Rosenmontagsumzug vor einem Jahr erinnert. Die Frage nach dem „Warum“ bleibt offen.
Mit einem Gedenkgottesdienst hat Volkmarsen an die Attacke mit einem Auto auf den Rosenmontagsumzug vor einem Jahr erinnert. Der 24. Februar 2020 sei kein fröhlicher Karnevalstag geworden, sondern ein „Tag der Verletzungen und der Traumata“, sagte Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) am Mittwochabend in der evangelischen Kirche in der nordhessischen Stadt. Es sei ein „mittleres Wunder“, dass niemand gestorben sei. Doch die seelischen Folgen der Tat seien noch da und es bleibe eine Aufgabe, diese zu überwinden.
Am 24. Februar 2020 war ein Auto in die Zuschauermenge gefahren, die zum Rosenmontagsumzug gekommen war. Der damals 29 Jahre alte Fahrer Maurice P. soll bewusst ungebremst mit 50 bis 60 Stundenkilometern in das Gedränge gefahren sein. Dabei soll er weder unter dem Einfluss von Alkohol noch von Medikamenten oder Betäubungsmitteln gestanden haben. Das Motiv für die Tat ist bisher unklar.
„Ich habe keine Antwort auf das Warum“
90 Menschen, darunter viele Kinder, erlitten teils schwere Verletzungen. Zahlreiche weitere wurden nach Angaben der Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt beeinträchtigt oder traumatisiert. Insgesamt gibt es mehr als 150 Betroffene. Dem mutmaßlichen Täter wird unter anderem versuchter Mord sowie gefährliche Körperverletzung vorgeworfen.
An dem ökumenischen Gottesdienst am Mittwoch nahmen neben Vertretern von Stadt, Land und Kirchen auch Angehörige von Rettungsdiensten teil, von Feuerwehr, der Volkmarser Karnevalsgesellschaft sowie eine Sprecherin der Opfer. Wegen der Corona-Pandemie waren keine Besucher in der Kirche dabei, der Gottesdienst wurde live im Internet übertragen. „Niemand versteht das Geschehene, es bleibt ohne Sinn“, sagte der Fuldaer Weihbischof Karlheinz Diez. Mit Blick auf die Tat fühle auch er sich als Priester und Bischof ohnmächtig: „Ich habe keine Antwort auf das Warum.“
Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) sagte in seiner Ansprache: „Wir wissen nicht, was der Täter an Motiven hatte.“ Aber eines dürfe man auf jeden Fall vermuten: „Das, was hier geschehen ist, haben wir an anderen Orten auch erlebt – am Breitscheidplatz in Berlin oder bei der Amokfahrt in Nizza. Die Täter haben immer ein Ziel: Sie möchten diese Gemeinschaft im Kern zerstören. Sie möchten das, was uns ausmacht, die Art, wie wir miteinander leben, im Kern treffen.“ Diese Täter dürften „nicht obsiegen“, betonte Bouffier.
Auch die Bischöfin der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck (EKKW), Beate Hofmann, mahnte, das Vertrauen zueinander dürften „die Attentäter unserer Zeit nicht kaputt machen, nicht in Volkmarsen, nicht in Hanau, nicht in Wolfhagen“. In Hanau waren neun Menschen mit ausländischen Wurzeln erschossen worden, in Wolfhagen der Kasseler Regierungspräsident Walter Lübcke (CDU).
Bei der Gedenkveranstaltung in Volkmarsen sprach auch eine Augenzeugin der Tat. Ein Kind und drei Enkelkinder der Frau waren bei der Amokfahrt teilweise schwer verletzt worden. „Heute vor einem Jahr ist uns in Volkmarsen ein Alptraum passiert“, sagte sie. „Ich kann mich noch gut an die paar Sekunden der Stille erinnern, bevor man nur noch Hilferufe hörte.“ Immer wieder frage auch sie sich nach dem Grund der Tat.
Für jedes der namentlich gemeldeten Opfer wurde am Mittwoch in der Kirche symbolisch ein Blumenstock aufgestellt. An einer Gedenkstelle brachten Kinder mit gemalten Bildern ihre Erinnerung an den Schreckenstag zum Ausdruck.