
Kommentar zur Stichwahl : Die Mainzer wissen nun, was sie erwartet
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Stadtregent: der Mainzer Oberbürgermeister Michael Ebling kurz nach seiner Wiederwahl Bild: Schulz, Samira
An Spannung hat es im Wahlkampf um den Posten des Rathauschefs von Mainz nicht gemangelt. Der „Hoffnungsträger aller Enttäuschten“ hat es am Ende nicht geschafft. Daraus ergibt sich eine klare Perspektive.
Viel spannender kann ein Wahlkampf kaum sein. Und auch an guten Ideen haben alle fünf Kandidaten, die vor Wochen angetreten sind, den Chefsessel im Mainzer Rathaus zu erobern, nicht gespart. Dass es am Ende doch wieder Amtsinhaber Michael Ebling (SPD) geworden ist, vermag dabei nicht wirklich zu überraschen. Eher schon, dass die anfangs hoch gehandelte Kandidatin der Grünen, Tabea Rößner, mit nur 22 Prozent schon im ersten Durchgang ausgeschieden ist. Und dass sich der parteilose Herausforderer und politische Quereinsteiger Nino Haase über zwei Runden hinweg achtbar geschlagen hat.
Ob es für die Stadt gut gewesen wäre, wenn der „Hoffnungsträger aller Enttäuschten“ tatsächlich mit einem neu geschmiedeten Ampelbündnis im Rathaus hätte zusammenarbeiten müssen, steht auf einem anderen Blatt. Jetzt wissen die 220.000 Mainzer ziemlich genau, was sie erwartet. Und „weiter so“ bedeutet in diesem Fall denn auch tatsächlich Verlässlichkeit und Berechenbarkeit. Bei aller berechtigten Kritik im Einzelfall kann sich Eblings Acht-Jahresbilanz durchaus sehen lassen.
Noch etwas schmutzig geworden
Dass der lange fair verlaufene Wahlkampf zum Ende noch etwas schmutzig geworden ist, hätte man sich schenken sollen. Auf Stimmenfang wurde von Ebling-Gegnern lanciert, dass der SPD-Amtsinhaber einem suspekten Geheimzirkel namens „Essenheimer Kreis“ angehöre. Das schloss den unbewiesenen Vorwurf der Mauschelei ein. Ebling dagegen sprach von einem „analogen Wirtschaftsnetzwerk“ mit Entscheidern aus der Region, der schon von Alt-Oberbürgermeister Jockel Fuchs (SPD) „zum Wohle der Stadt“ ins Leben gerufen worden sei.
Darauf musste sich Haase den Konter gefallen lassen, eine gewisse Nähe zu einer offenbar in mancherlei Hinsicht aus der Zeit gefallenen Studentenverbindung zu haben. Haase sprach wiederum von einem „netten Verein“, der auch noch Wohnraum schaffe. Letztlich hätten beide Seiten besser auf diese Art der Wahlkampfführung verzichten sollen.
Für die Mainzer, die sich für die nächsten acht Jahre vor allem eine gedeihliche Entwicklung ihrer rapide wachsenden Stadt wünschen, dürfte das alles seit Sonntag aber keine Rolle mehr spielen. Gilt es doch, weiterhin genügend und vor allem bezahlbare Wohnungen zu schaffen, den gewaltigen Altschuldenberg abzutragen, ein besseres Mobilitätskonzept auf die Straße zu bringen und bei alledem das Überthema „Klimaschutz“ im Auge zu behalten.

Korrespondent der Rhein-Main-Zeitung in Mainz und für den Kreis Groß-Gerau.
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