Rheinufer in Rüdesheim : Teurer und langwieriger Radwegebau
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Ausbaufähig: der Rheinuferweg zwischen Gleisen und Strom Bild: Cornelia Sick
Am Rheinufer zwischen Rüdesheim und Lorchhausen soll das Radeln eine Freude sein. Doch die Hürden sind groß, die Kosten gewaltig. Der Rüdesheimer Bürgermeister stellt sogar die Beteiligung an der Bundesgartenschau in Frage
Wie kostspielig kombinierte Rad- und Fußwege sein können, zeigen die rund 120 Millionen Euro, die nach bisheriger Rechnung für die knapp zwölf Kilometer lange Verbindung entlang der Rheinuferstraße zwischen Rüdesheim und der hessisch-rheinland-pfälzischen Landesgrenze bei Lorchhausen anfallen. Wer im Jahr 2024 den dann hoffentlich fertiggestellten Radweg von Kaub aus gen Hessen unter die Räder nimmt, der stößt allerdings kurz vor dem Rüdesheimer Ortseingang auf eine große Hürde: Dort klafft eine Radwegelücke bis zum Anschluss an den Rüdesheimer Leinpfad. Sie soll absehbar zumindest provisorisch geschlossen werden. Erst nach der geplanten Beseitigung des Bahnübergangs durch einen kurzen Bahntunnel soll der Engpass endgültig beseitigt werden – irgendwann nach dem Jahr 2030.
Wer heute die Radwegelücke unfallfrei hinter sich gelassen hat, für den ist die Weiterfahrt entlang der Rüdesheimer Rheinfront alles andere als bequem. Der Weg ist sehr schmal und wird zudem von den vielen Passagieren der Kreuzfahrt- und Ausflugsschiffe genutzt. Als kombinierter Rad- und Fußweg ist er untauglich. Daher soll er auf einer Länge von 800 Metern bis zum östlich gelegenen Hafenpark großzügig ausgebaut werden.
Wie bei allen derartigen Großprojekten steht am Anfang eine Machbarkeitsstudie. Mit rund 324.000 Euro trägt das Land Hessen den Löwenanteil der Gesamtkosten für die Studie von 477.000 Euro. Auf Kosten in Höhe von rund 150.000 Euro bleibt Rüdesheim sitzen. Die finanziell klamme Stadt bringt ihren Eigenanteil über ihre kommunale Fremdenverkehrsgesellschaft auf, die unter anderem die Anleger für die Rheinschiffe bewirtschaftet und daraus einige Einnahmen erzielt.
Stadt hofft auf Zuschüsse
Nach Angaben von Hessens Wirtschafts- und Verkehrsminister Tarek Al-Wazir (Die Grünen) soll der Gehweg an der Rüdesheimer Rheinfront auf mindestens 2,50 Meter verbreitert und um einen vier Meter breiten Radweg ergänzt werden. Das ist allerdings nur möglich, wenn eine Stahlkonstruktion stellenweise über das Bett des Rheins ragt. Entsprechend kostspielig wird das Vorhaben.
Bislang ist die Rede von mehr als 15 Millionen Euro, doch die Aufteilung der Investitionssumme unter allen Beteiligten ist völlig offen. Rüdesheim hofft laut Bürgermeister Klaus Zapp (parteilos) jedenfalls auf beträchtliche Zuschüsse, wenn das Projekt tatsächlich realisiert werden sollte.
Laut Ministerium soll der Ausbau die Attraktivität dieser wichtigen Verbindung für den Alltags- und Freizeitverkehr verbessern – auch im Hinblick auf die Bundesgartenschau (BUGA) 2029. Schließlich sollen möglichst viele Besucher nicht mit dem Auto ins Tal reisen. Zudem werde mit dem Ausbau des Leinpfads die Radwegelücke zwischen dem Rüdesheimer Stadtteil Assmannshausen und dem Hafenpark in der Kernstadt sowie zwischen Altstadt und Schiffsanlegestellen geschlossen. Ob das allerdings wirklich noch vor Beginn der Bundesgartenschau gelingen kann, gilt als ungewiss.
Die Beseitigung des Bahnübergangs war von Hessen Mobil schon vor Jahren auf 2030 und folgende Jahre verschoben worden. Das erscheint insofern realistisch, als die Variante eines Tunnels mit unterirdischem Kreisverkehr zum Anschluss der Autofähre nach Bingen noch immer keine beschlossene Sache ist. Auch die Kosten dieser Lösung, die anstelle der jahrzehntelang verfochtenen, auf mehr als 250 Millionen Euro taxierten Option eines zwei Kilometer langen Bahntunnels unter Rüdesheim getreten ist, stehen noch nicht fest. Wieder einmal ist Rüdesheim vom Wohlwollen des Bundes abhängig.
Sorgen um BUGA-Finanzierung
Zwar hofft Bürgermeister Zapp darauf, dass Rüdesheim von der Bundesgartenschau ökonomisch profitieren wird. Doch inzwischen ist die Finanzlage der Stadt so prekär, dass Zapf sogar Zweifel andeutet, ob sich Rüdesheim die notwendigen Investitionen in die BUGA-Infrastruktur überhaupt leisten kann. Er will bei den anstehenden Haushaltsberatungen Steuererhöhungen vorschlagen, doch hat der Magistrat die Beratung seines Entwurfs verschoben. Ringt sich der Magistrat nicht in Kürze zu einer Entscheidung durch, steht die Haushaltseinbringung des Bürgermeisters am 20. Oktober auf der Kippe.
Zapp ist daher nicht gut auf die eigene Stadtregierung zu sprechen, zumal er in der vergangenen Woche bereit war, alle offenen Fragen der Stadträte zur Finanzlage der Stadt zu besprechen und ausführlich zu diskutieren, wo der Rotstift angesetzt werden könnte. Zapp ist sich bewusst, dass die aktuelle Energiekrise kein guter Zeitpunkt ist, die Bürger noch stärker finanziell zu belasten, und dass sich die Fraktionen deshalb mit entsprechenden Beschlüssen schwertun. Jedoch „müssen wir den Tatsachen ins Auge blicken“, sagt der Rathauschef.
Er verweist auf den Sanierungs- und Investitionsstau in Rüdesheim, der unter anderem in sämtlichen Vereinshäusern zu beobachten sei und vor den Feuerwehrstützpunkten nicht haltmache. Ein Weiter-so könne es nicht geben. Die Gewerbesteuereinnahmen seien mit rund drei Millionen Euro für eine kleine Stadt wie Rüdesheim nicht eben üppig. Die Kommune müsse sich daher fragen, was sie sich noch leisten könne – selbst dann, wenn es hohe Zuschüsse gebe. Immerhin hat der Magistrat inzwischen beschlossen, die Bürger an der dringlichen Sanierung des Straßennetzes über wiederkehrende Straßenbeiträge finanziell zu beteiligen. Doch das letzte Wort hat die Stadtverordnetenversammlung. Entscheidung ungewiss.