Kettenschiff „Määkuh“ : Nur schleppend voran
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Einst fauchender Schlepper, dann schwimmendes Restaurant, dann angedacht als Technikdenkmal und Museum: Die Määkuh Bild: Rainer Wohlfahrt
Die Määkuh hat einiges erlebt: Es ist 115 Jahre alt, viele davon auf dem Main geschippert und knapp der Verschrottung entkommen. In Aschaffenburg streiten Politiker seit Jahren über den Verbleib des historischen Kahns.
Die „Määkuh“, wie das Kettenschleppschiff im Volksmund heißt, hat in den vergangenen 115 Jahren schon viel erlebt. Sie war einst fauchender Schlepper. Später diente der eiserne Koloss am Rande des Aschaffenburger Floßhafens als schwimmendes Restaurant. In den neuen Räumen auf dem Deck wurden Partys gefeiert, und auch eine Bootsschule war dort zeitweise untergebracht. 2009 drohte dem 50 Meter langen und sieben Meter breiten Kahn die Verschrottung.
Der damalige Eigentümer konnte sich die notwendige Sanierung des maroden Schiffes nicht leisten. Ein Aschaffenburger Unternehmer kaufte die „Määkuh“ und rettete das Technikdenkmal, das an eine historisch bedeutsame Epoche der Mainschifffahrt erinnert.
Määkuh nahm 1886 ihre Fahrt auf
Denn von 1886 bis 1936 lag zwischen Mainz und Aschaffenburg und später auch bis Bamberg im Flussbett eine eiserne Kette, an der sich die von Dampfmaschinen angetriebenen Schlepper mit bis zu zwölf Kähnen im Schlepptau entlanghangelten und den Gütertransport auf dem damals sehr flachen Wasser ermöglichten. Seinen Namen verdankt das Schiff dem Geräusch beim Dampfablassen, das dem Muhen einer Kuh geähnelt haben soll.
Wie der Arbeitskreis Technikdenkmal „Määkuh“ der Altstadtfreunde recherchiert hat, wurde in der Aschaffenburger Werftanlage unterhalb des Schlosses 1886 das erste von acht Kettenschleppschiffen montiert und vom Stapel gelassen. Es war wie auch die Nachfolger von der Werft in Übigau bei Dresden hergestellt und als Bausatz mit der Bahn nach Aschaffenburg transportiert worden.
Während die Kettenschifffahrt auf anderen Flüssen privatwirtschaftlich betrieben wurde, wurde sie in Bayern von der Staatsbahn verwaltet. Die fortschreitende Kanalisierung des Mains mit langen Wartezeiten an den Schleusen machte den Betrieb unwirtschaftlich. 1936 war das charakteristische Muhen ein letztes Mal zu hören.
Ursprünglich sollte im gewölbten Eisenrumpf ein Museum eingerichtet werden. Diese Pläne haben sich zerschlagen, weil der Innenraum nur zwei Meter hoch ist und sich dort ständig Schwitzwasser bildet, das abgepumpt werden muss. Am Dienstag hat sich der Stadtrat dagegen entschieden, die „Määkuh“ auf den Mainwiesen unterhalb des Schlosses aufzustellen.
Der Planungs- und Verkehrssenat beschloss in dieser Woche überraschend deutlich, nämlich einstimmig, dass weder das Schiff noch das von dem „Määkuh“-Besitzer geforderte Nebengebäude für Gastronomie und Ausstellungsräume den gewohnten Blick auf Main, Schloss, Frühstückstempel und Pompejanum stören sollen. Eine neue Gaststätte in einem „gemauerten Gebäude“ soll es an der Mainpromenade nicht geben.
Unternehmen will Määkuh auf der Mainterrasse platzieren
Für den Schlepper soll nun nach einem neuen Standort westlich des Theoderichstores und östlich in Richtung Floßhafen gesucht werden. Darüber ist mit dem Eigentümer zu sprechen. Ob die Firma Westarp, die das marode Schiff vor fünf Jahren kaufte, überhaupt noch Interesse hat, den vor sich hin rostenden eisernen Koloss in Aschaffenburg zu präsentieren, ist ungewiss.
Denn der Unternehmer hatte als Standort immer die Mainterrassen unterhalb des Schlosses favorisiert und die gastronomische Nutzung zur Bedingung gemacht, weil allein mit der „Määkuh“ und dem Museum kein Ertrag zu machen sei.
Mit der Entscheidung vom Dienstag zogen die Aschaffenburger Stadträte einen vorläufigen Schlussstrich unter eine quälende Debatte. Schon unzählige Male hatte das Thema in den vergangenen Jahren auf der Tagesordnung gestanden. Doch immer wieder wurde die Abstimmung vertagt, weil angeblich noch weitere Informationen, die Aufstellung eines Konturmodells mit den Umrissen des Schleppers und zuletzt eine Visualisierung der „Määkuh“ mit Ergänzungsgebäude benötigt wurden.
Das Stadtplanungsamt legte im Senat acht Entwürfe vor, die detailliert zeigten, wie der Schlepper und die Neubauten beziehungsweise Pavillons vor der historischen Kulisse wirken. Planungsamtsleiter Dirk Kleinerüschkamp meinte, ein ganzjähriges Gastronomieangebot und das Technikdenkmal könnten ein Anziehungspunkt am Main werden. Er gab aber auch zu bedenken, dass sich der geplante Standort an einer „hochsensiblen Stelle im Stadtgefüge“ befinde. Die Verwaltung hatte deshalb einen Architektenwettbewerb vorgeschlagen, um zu einer überzeugenden städtebaulichen Lösung zu kommen.
„Seit Jahren befassen wir uns mit dem gleichen Punkt“
Die Stadträte jedoch argumentierten anders. Sie beriefen sich auf das lange zurückliegende Gutachterverfahren und die zweijährige Bürgerbeteiligung zur Mainufer-Gestaltung, die ergeben hatte, dass sich die Aschaffenburger nur eine sehr behutsame Entwicklung der Uferpromenade wünschen. Der SPD-Stadtrat Erich Henke lehnte deshalb eine Gastronomie an dieser Stelle als „zu störend und einen zu starken Eingriff“ ab. „Wir sollten die Mainwiesen ruhig belassen“, sagte er. Johannes Büttner (KI) sprach von der „Butterbrotseite“ der Stadt, die so bleiben müsse. Ebenso wie Henke und andere Stadträte plädierte er dafür, nach Alternativstandorten für die „Määkuh“ zu suchen.
Der CSU-Fraktionsvorsitzende Peter Schweickard nannte es „bemerkenswert, dass wir uns seit Jahren mit dem gleichen Punkt befassen und nicht vorwärtskommen“. Dennoch plädierte er dafür, die Entscheidung zu vertagen, um zunächst mit der Schlösserverwaltung Gespräche zu führen und zu klären, ob sie überhaupt mit dem Standort einverstanden sei. „Wir sollten heute keinen Beschluss fassen, der als Affront verstanden werden könnte“, sagte er.
Wie es mit dem Schlepper weitergeht, der auch ein Symbol für die gemeinsame Geschichte des Rhein-Main-Gebiets ist, ist offen.