Jungwinzer : Ein Chinese in Klingenberg
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Nun doch im Wunsch-Weingut aktiv: Jungwinzer Benedikt Baltes. Bild: Rainer Wohlfahrt
Ein Jungwinzer von der Ahr und ein Student aus Fernost haben das traditionsreiche Weingut der Stadt Klingenberg gekauft. Aus Konkurrenten wurden Geschäftspartner.
Es gibt Horrorgeschichten von deutschen Unternehmern, die mit Chinesen ins Geschäft kommen wollten. Benedikt Baltes aus Mayschoß an der Ahr hat eine andere Erfahrung gemacht. Der Jungwinzer hatte sich um das Weingut der Stadt Klingenberg beworben, das nach jahrelangem defizitärem Betrieb zum Verkauf anstand. Doch die Verhandlungen standen vor dem Aus, weil ein gewisser Herr Xianzhong Xu ebenfalls Gefallen an dem traditionsreichen Weingut gefunden hatte.
„Alle sprachen immer von ‚den Chinesen'“, erinnert sich Baltes. Mit allen Mitteln habe er verhindern wollen, dass der Mitbewerber zum Zuge komme, weil er geglaubt habe, dass es sich um einen Konzern mit geringem Interesse am Weinbau handle. Aber finanziell konnte der junge Mann nicht mithalten. Doch dann trafen sich die Rivalen, und die Überraschung war perfekt. „Wir waren beide erstaunt, wer da um die Ecke kam. Wir sind mit 26 beziehungsweise 28 Jahren ja im gleichen Alter und verfolgen für das Weingut die gleichen Ziele“, erzählt Baltes. Doch was vielleicht am wichtigsten war: Der Deutsche aus dem Winzerdorf mit seinen 1000 Einwohnern und der Chinese aus der Vier-Millionen-Stadt Yichang in der Provinz Hubei, der in Dresden Mikroelektronik studiert, waren sich auf Anhieb sympathisch.
Besuch der chinesischen Weinmesse
Und so wurden aus Konkurrenten Geschäftspartner. Seit Anfang September sind Baltes und Xu Eigentümer des Weinguts, das in den vergangenen Jahren eher durch negative Schlagzeilen als durch seinen vielfach gerühmten Spätburgunder aufgefallen war. Das soll sich nun ändern. Das vermeintlich ungleiche Duo ist voller Enthusiasmus und zuversichtlich, dass der Betrieb bald wieder schwarze Zahlen schreibt.
Die neuen Besitzer setzen dabei auf die lange Tradition des Weinbaus in Klingenburg mit seinen steilen Buntsandsteinlagen, die ideal für die wärmeliebenden roten Trauben sind. Und sie wollen exportieren. Xu, der aus einer wohlhabenden Unternehmerfamilie stammt, dient dabei als „Türöffner“. Im November waren Baltes und sein Partner auf der größten chinesischen Weinmesse in Guangzhou und veranstalteten in Hangzhou eine sogenannte Tasting-Party. Hat der China-Aufenthalt etwas gebracht? „Wir sind sehr zufrieden“, sagt Baltes. Die ersten Kisten Wein seien gepackt und die Zollformalitäten erledigt. Der Exportzoll ist mit 49 Prozent zwar hoch, „aber die Begeisterung der Chinesen ist auch groß“, sagt er. Die Menschen in Fernost seien bereit, für gute Qualität auch einen guten Preis zu zahlen. Weinliebhaber aus der Region müssen allerdings nicht befürchten, dass sie in Zukunft keinen Klingenberger Roten mehr genießen können. Denn Baltes und Xu wollen nach eigenen Angaben auch in Zukunft den Hauptanteil in Deutschland und den Beneluxländern verkaufen. Die beiden Jungeunternehmer haben sich zwar einen Traum erfüllt, aber dafür auch hoch verschulden müssen. Eine Kaufsumme nennen sie nicht. Ihnen gehören insgesamt 19 Hektar, von denen zwölf Hektar bewirtschaftet sind und sieben brachliegen. Die fünf ehemals städtischen Mitarbeiter wurden übernommen.
Kaltes und nasses Wetter haben dieses Jahr für nur wenig Ertrag gesorgt
Baltes und Xu sind nach eigenen Angaben überzeugt, dass der Steillagenweinbau eine große Zukunft hat. Das schlägt sich auch im Aufwand nieder. Für Rebschnitt, die Bodenbearbeitung, die Stockarbeit und die Traubenlese in den steilen Hängen werden je Hektar und Jahr bis zu 2000 Arbeitsstunden benötigt. In flachen Lagen beträgt der Aufwand nur einen Bruchteil. Die Arbeitsteilung sieht vor, dass sich Baltes vor Ort um die Arbeit im Weinberg und im Keller, die Verwaltung und die Kundschaft kümmert. Xus Aufgabe ist es, den Vertrieb nach Asien aufzubauen.
2010 hat ihnen das kalte und nasse Wetter ein „extrem niedriges“ Betriebsergebnis beschert. Der Ertrag liegt bei nur 25 Hektolitern statt der üblichen 55 Hektoliter pro Hektar. Baltes betont jedoch, dass die Qualität stimme. Die hohe Mineralstofflast sorge für „ausdrucksstarke“ Weine. Für die geplanten Umstrukturierungen hat der Sechsundzwanzigjährige bisher wenig Zeit gehab. Denn Baltes ist viel unterwegs, um sich bei den Kunden - vorwiegend sind es private Abnehmer - persönlich vorzustellen. Nach eigenen Angaben möchte er künftig im Keller weitgehend auf Technik verzichten und bei der Traubenlese stärker selektieren. Außerdem denkt er an einen behutsamen Ausbau der Rebflächen, um auf 100.000 Flaschen (bisher 90.000) zu kommen. Baltes weiß, dass die Klingenberger den Besitzerwechsel anfangs argwöhnisch beobachtet haben. „Doch inzwischen haben wir ein tolles Feedback. Denn die Leute merken, dass es uns ernst ist“, sagt er.