Landratswahl im Rheingau-Taunus : Differenzen über Wölfe und Rotoren
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Umstrittener Rückkehrer: Im Rheingaugebirge fühlt sich ein Wolfspaar heimisch, gesehen hat es aber wohl noch niemand. Es dürfte diesem Paar in der Wiesbadener Fasanerie ähneln. Bild: Picture Alliance
Fünf Kandidaten wollen Landrat im Rheingau-Taunus-Kreis werden. Die Unterschiede ihrer Positionen werden vor allem bei Themen deutlich, wo ein Landrat eigentlich nichts zu entscheiden hat.
Noch fünf Wochen sind es bis zur Landratswahl, und allmählich nimmt der Wahlkampf im Rheingau-Taunus-Kreis Fahrt auf. Die großen Parteien haben Plakate von ihren Bewerbern entlang der wichtigsten Verkehrsachsen aufgehängt. Das soll nach Hoffnung aller dazu beitragen, die Wahlbeteiligung über die Marke von 30 Prozent zu heben, die gerade im Main-Kinzig-Kreis mit weniger als 27 Prozent deutlich verfehlt wurde. Von einem Wahlfieber ist allerdings weder im Rheingau noch im Untertaunus etwas zu spüren, zumal nach allgemeiner Erwartung ohnehin erst mit der Stichwahl am 26. März die Entscheidung über die Nachfolge von Amtsinhaber Frank Kilian (parteilos) fallen wird.
Dieser hat, wie berichtet, nach nur einer Wahlperiode genug von dem kräftezehrenden Amt. Bis zur Wahl nutzen die fünf Kandidaten Sandro Zehner (CDU), Martin Rabanus (SPD), Sigrid Hansen (Die Grünen), Frank Grobe (AfD) und Oliver Eibeck (parteilos) die Podiumsdiskussionen diverser Verbände und Organisationen, um sich vorzustellen und von ihren Mitbewerbern abzugrenzen. Dazu boten unter anderen der Kreisbauernverband, der Weinbauverband und der Jagdverein Untertaunus im Taunussteiner Bürgerhaus eine gemeinsame Bühne, und neben dem einhelligen Lob aller fünf Kandidaten für das Engagement von Bauern, Winzern und Jägern für die Kulturlandschaft gab es auch drei Themenfelder, auf denen inhaltliche Differenzen deutlich wurden: Wolf, Biosphärenregion und Windenergie.
Das seit 2021 im Rheingaugebirge heimische Wolfsrudel führt zu Diskussionen nicht nur unter den Schafhaltern im Kreis, auch wenn der Landrat für die Raubtiere gar nicht zuständig ist. Doch taugt das Thema gut dazu, die Kandidaten und ihr Verhältnis zur Natur „näher kennenzulernen“, wie es Bauernverbandschef Thomas Kunz als Moderator der Podiumsdiskussion formulierte.
Umgang mit der Wolfspopulation bleibt schwierig
Geht es nach dem Eltviller Landtagsabgeordneten Frank Grobe (AfD), dann „brauchen wir den Wolf nicht in Deutschland“, und „wer ihn sehen will, soll in die Fasanerie gehen“. So weit wollten seine Mitbewerber zwar nicht gehen, aber sie setzten unterschiedliche Akzente. Der Taunussteiner Bürgermeister Sandro Zehner (CDU) sieht die Wolfspopulation in Deutschland als mittlerweile stabil an und deshalb den Zeitpunkt gekommen, den Wolf vom Naturschutzrecht ins Jagdrecht zu überführen. Damit würden die Voraussetzungen einer Regulierung geschaffen: 4000 vom Wolf getötete Weidetiere seien genug, so Zehner.
Der frühere Bundestagsabgeordnete Martin Rabanus (SPD) hat – im Gegensatz zu einigen seiner Parteifreunde – ebenfalls nichts gegen eine Regulierung des Wolfsbestands. Der vom Land geförderte Weidetierschutz allein reiche nicht aus. Die einzige Frau im Bewerberfeld, Sigrid Hansen (Die Grünen) hingegen hält jede Art von „Alarmismus“ für überzogen. Ihre persönlich gefährlichste Begegnung im Hinterlandswald sei die mit einem großen Wildschwein gewesen. Aber auch Hansen zeigte sich offen, gegebenenfalls und als „Ultima Ratio“ auch härtere Töne gegenüber dem Wolf anzuschlagen.
Auf die Zwischentöne hatten die Zuhörer auch beim politisch eigentlich schon vor zwei Jahren abgehakten Thema Biosphärenreservat zu achten. Die Bauern sehen sich im Nachhinein in ihrer Ablehnung bestätigt, hegen aber den Argwohn, dass das Thema nach der Landtagswahl noch einmal aus der politischen Mottenkiste auftauchen könnte. Das träfe dann wohl auf das Wohlwollen von zumindest zwei möglichen Landräten: SPD-Bewerber Rabanus jedenfalls sah ebenso wie Grünen-Kandidatin Hansen den Abbruch des Projekts durch das Nein des Kreistags als verfrüht an, weil noch längst nicht alle Kommunen das Thema diskutiert hatten.
Rabanus verwies auf das positive Beispiel der Rhön. Auch Hansen hätte dem Projekt viele Chancen und Perspektiven zugestanden und sich einen fairen, offenen Dialog gewünscht. Zehner dagegen verteidigte die Ablehnung des Vorhabens. Die damit versprochenen positiven Effekte seien auch ohne dessen Nachteile zu erreichen. Grobe sprach gar von „Enteignung“ der Grundeigentümer.
Keine Einigkeit bei der Windenergie
Ebenso deutlich wurden die Unterschiede zum Thema Windenergie. Hansen bekannte sich erwartungsgemäß als „starke Verfechterin der Windkraft“, um von fossilen Brennstoffen unabhängig zu werden. Dagegen hält sie wenig von Photovoltaik-Paneelen auf Äckern: „Solar gehört aufs Dach.“ Rabanus stimmte ihr zu: „Die Energiewende geht nicht ohne Windkraft.“ Allerdings sieht er ähnlich wie zum Wolf keine unmittelbare Zuständigkeit des Landrats.
Die Entscheidung über Rotoren sei Sache der Kommunen. Als Landrat wolle er Windräder aber ermöglichen und nicht verhindern. Genau das will jedoch CDU-Kandidaten Zehner auf dem Taunuskamm. Auch nach den Umbrüchen auf dem Energiemarkt hält der Taunussteiner Bürgermeister am Nein zum dortigen Windpark und an der Klage der Stadt vor dem Verwaltungsgerichtshof fest. Ihm gehe es an dieser Stelle um den Schutz des Grundwassers. Für die Solarenergie sieht er noch viel Potential, beispielsweise mit der Überdachung der 40 Parkflächen vor kreiseigenen Schulen.
Erwartungsgemäß schwer hatte es der parteilose, 48 Jahre alte Drucker Oliver Eibeck, neben den mit der Kreispolitik vertrauten Mitbewerbern seine Position zu vertreten. Sein Mantra, dass weiterhin ein Parteiloser die Kreisverwaltung führen sollte, stieß unter Winzern, Bauern und Jägern jedenfalls auf keinen hörbaren Widerhall.