Groß-Gerau : Fluglärmkommission stellt Posch den Stuhl vor die Tür
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Die Fluglärmkommission will nach Auseinandersetzungen mit dem Wirtschaftsministerium und Minister Dieter Posch nicht mehr mit der Behörde zusammenarbeiten. Bild: dapd
Geht es nach dem Vorstand der Fluglärmkommission, dann wird bei der nächsten Sitzung des Gremiums kein Vertreter des hessischen Wirtschaftsministeriums mit am Tisch sitzen. Begründet hat Vorsitzender Thomas Jühe (SPD) diesen Schritt mit mangelnder Unterstützung der Kommission durch das Wirtschaftsministerium.
Geht es nach dem Vorstand der Fluglärmkommission, dann wird bei der nächsten Sitzung des Gremiums kein Vertreter des hessischen Wirtschaftsministeriums mit am Tisch sitzen. Begründet hat Vorsitzender Thomas Jühe (SPD) diesen Schritt mit mangelnder Unterstützung der Kommission durch das Wirtschaftsministerium: „Wir können unserem gesetzlichen Auftrag nicht mehr genügen.“ Die Kommission sei finanziell nicht ausreichend ausgestattet, außerdem solle die jetzige Geschäftführerin zur Jahresmitte ausscheiden, sagte Jühe, der auch Bürgermeister von Raunheim ist. Steffen Saebisch (FDP), Staatssekretär im Wirtschaftsministerium, wies die Vorwürfe gestern zurück: Es gebe keine Behinderung der Kommission, sie werde auch „über die gesetzlichen Vorgaben hinaus“ von seinem Haus unterstützt.

Redakteur in der Rhein-Main-Zeitung.
Nach Darstellung des Vorstands der Kommission – außer Jühe nahmen am Freitag an der Pressekonferenz auch die Umweltdezernenten von Offenbach und Mainz, Paul-Gerhard Weiß (FDP) und Wolfgang Reichel (CDU), sowie der Büttelborner Bürgermeister Horst Gölzenleuchter (SPD) teil – ist der Beschluss Endpunkt einer seit längerem schwelenden Auseinandersetzung mit der Behörde und vor allem dem Minister Dieter Posch (FDP). Posch und das Ministerium hätten die Arbeit der Kommission in der Vergangenheit „weitreichend behindert“, hieß es. „Wir bekommen Themen nicht oder erst kurzfristig vorgelegt, obwohl wir uns laut Gesetz mit ihnen befassen müssen.“
Beratungsauftrag „eklatant missachtet“
Als Beispiel nannte Jühe das Verfahren, in dem die von Fluglinien zu entrichtenden „lärm- und emissionsbedingten Entgelte“ festgelegt worden seien. Während dies bisher immer in Abstimmung mit der Kommission geschehen sei, habe das Wirtschaftsministerium im vergangenen Jahr „hinter verschlossenen Türen“ einen Vertrag mit der Flughafenbetreiberin Fraport AG ausgehandelt und beschlossen. Im Vertrag würden die Entgelte bis 2015 festgelegt, während bis dato eine jährliche Beratung und Anpassung stattgefunden habe. Damit habe das Wirtschaftsministerium den gesetzlichen Beratungsauftrag des Gremiums „eklatant missachtet“.
Weiß, Jühe, Reichel und Gölzenleuchter warfen Posch außerdem vor, er rücke „unverhohlen“ von einem Nachtflugverbot am Frankfurte Flughafen ab, obwohl dies von der Landesregierung politisch „immer wieder als verbindlich“ anerkannt worden sei. Tatsächlich nahmen die Kommunalpolitiker die Staatskanzlei dezidiert von ihrer Kritik aus und lobten deren Kooperation mit der Kommission. Poschs Beteuerungen, er gehe nur aus juristischen Erwägungen gegen eine entsprechende Entscheidung des hessischen Verwaltungsgerichtshofs vor, schenkt Jühe keinen Glauben: Posch versuche mittlerweile „ganz ungeniert“, die Ergebnisse des Mediationsverfahrens zum Ausbau des Flughafens zu unterlaufen: „Im Oktober soll die neue Bahn in Betrieb gehen, aber einen belastbaren Anti-Lärm-Pakt gibt es noch nicht.“
Uneins über finanzielle Ausstattung des Gremiums
Massiv verärgert zeigten sich die Mitglieder des Vorstands darüber, dass die jetzige, befristet angestellte Geschäftsführerin zur Jahresmitte ihren Posten räumen solle. Erstens sei schon die Befristung des Arbeitsvertrags durch das Ministerium absprachewidrig gewesen, sagte Jühe, zudem solle der Posten künftig von einem Mitarbeiter des Ministeriums ausgefüllt werden, der aus der Projektgruppe Flughafenerweiterung der Behörde komme. Das sei für den Vorstand der Kommission nicht akzeptabel, sagte Jühe, man wolle die Geschäftsführerin „fest verankert wissen“. Mit Verweis auf arbeitsrechtliche Vorgaben kommentierte das Ministerium diese Vorwürfe am Freitag nicht.
Uneins sind sich Behörde und Kommission auch über die finanzielle Ausstattung des Gremiums mit 70 000 Euro pro Jahr. Während Jühe und seine Kollegen davon sprachen, aus dieser Summe werde auch das Gehalt der Geschäftsführung finanziert, daher sei weiteres Geld zum Beispiel für externe Gutachten nötig, hieß es vom Wirtschaftsministerium, der Betrag stehe zusätzlich zur Geschäftsführerstelle zur Verfügung.