Krise in den Kreißsälen
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Geburtshilfe: In den Kliniken fehlt es an Hebammen. Bild: © epd-bild / Jörn Neumann
Wer Hebamme werden will, muss künftig studieren. In vielen anderen EU-Ländern ist das längst Standard – in Deutschland noch nicht. Unter anderem in der Rhein-Main-Region gilt es aufzuholen.
Eigentlich könnte sich Wolfgang Heyl, Geschäftsführer des Bürgerhospitals in Frankfurt, freuen. Mit dem sogenannten Hebammenstellen-Förderprogramm unterstützt der Bund vom 1. Januar an Kliniken, in denen besonders viele Kinder geboren werden. Durch das Programm soll ein besserer Betreuungsschlüssel in den Kreißsälen ermöglicht werden. Ziel ist es, dass sich eine Hebamme nur noch um zwei Frauen gleichzeitig im Kreißsaal kümmern muss. Je 500 Geburten können die Kliniken Personalkosten für 0,5 Vollzeitstellen bei Neueinstellung oder bei Aufstockung von Teilzeitstellen refinanziert bekommen. Für das Bürgerhospital bedeutet das vier zusätzliche Hebammenstellen, wenn man die Geburten aus den Jahren 2017 bis 2019 als Berechnungsgrundlage nimmt. Zumindest theoretisch. Praktisch ist der Arbeitsmarkt nach Angaben von Heyl „leergefegt“. Es fehlen Hebammen, die bereit sind, Vollzeit in den Kliniken zu arbeiten. „Sie lieben ihren Beruf. Aber viele sind ausgelaugt. Physisch und psychisch.“

Stellvertretende Ressortleiterin des Regionalteils der Frankfurter Allgemeinen Zeitung.
In den nächsten Jahren kann es laut Heyl noch komplizierter für Kliniken aus dem Rhein-Main-Gebiet werden, Hebammen für den Dienst im Kreißsaal zu gewinnen. Denn die Region steuere geradewegs auf eine „Mega-Katastrophe“ zu. „So viele Sorgen wie beim Thema Hebammenversorgung hatte ich in 30 Jahren Bürgerhospital noch nicht.“ Das Berufsbild steht vor einer grundlegenden Umstrukturierung. Statt einer dreijährigen Berufsausbildung sollen angehende Hebammen nun ein Bachelor-Studium durchlaufen. Darauf haben sich die EU-Länder schon im Jahr 2016 geeinigt. Prinzipiell eine gute Sache, wie Heyl findet. Aber er fürchtet, dass die Umstellung nicht ganz reibungsfrei verlaufen wird. Denn eigentlich hätte der erste Studienjahrgang schon 2020 beginnen sollen. „Aber das Land Hessen hat bis heute nicht entschieden, welcher Hochschule der Studiengang zugesprochen werden soll“, sagt Heyl. Dabei gibt es seinen Worten nach schon einige Bewerber.
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