Psychologische Studie : Kakerlaken laufen langsamer, wenn sie Zuschauer haben
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Originalgetreu nachgebaut: Die Kakerlaken-Rennstrecke mit „Zuschauern“ Bild: Emma Halfmann
Forscher der Universitäten Frankfurt und Gießen haben Kakerlaken um die Wette laufen lassen. Sie wollten damit ein 50 Jahre altes Experiment überprüfen.
Es klingt wie eine Bewerbung um den Ig-Nobelpreis, mit dem besonders bizarre wissenschaftliche „Leistungen“ gewürdigt werden. Aber diese Publikation, veröffentlicht in der Fachzeitschrift “Psychological Science“, ist durchaus ernst gemeint: Forscher der Universitäten Gießen und Frankfurt sind der Frage nachgegangen, ob Kakerlaken unter den Augen von Artgenossen schneller laufen als alleine. Ihre Ergebnisse widerlegen nach Angaben der Liebig-Universität das Resultat eines 50 Jahre alten Experiments amerikanischer Forscher, das unter dem Begriff „soziale Erleichterung“ in die Sozialpsychologie eingegangen ist.
1969 hatten US-Wissenschaftler Schaben im Labor einfache und komplizierte Wege krabbeln lassen - mal einzeln, mal in Anwesenheit von anderen Kakerlaken. Dabei glaubten sie festzustellen, dass die Schaben in Gegenwart von Artgenossen gerade Strecken rascher zurücklegten. In einem Labyrinth hingegen fanden sich die Tiere angeblich schlechter zurecht, wenn weitere Kakerlaken in der Nähe waren. Im ersten Fall diagnostizierten die Psychologen eine „soziale Erleichterung“, im zweiten eine „soziale Hemmung“. In der Folge wurde versucht, diese Effekte auch beim Menschen nachzuweisen.
Ablenkung durch Zuschauer
Die amerikanische Studie genügte allerdings nicht den heutigen Anforderungen an wissenschaftliche Experimente, wie die Uni Gießen schreibt. Es seien nur sehr wenige Kakerlaken getestet worden, und der entscheidende statistische Test zur Überprüfung der Hypothese sei nicht vorgenommen worden. Daher hätten sich Psychologen der Liebig-Uni und eine Biologin der Goethe-Uni entschlossen, den Versuch nach modernen Standards zu wiederholen.
Dazu bauten sie die Kakerlaken-Rennstrecken der Amerikaner nach und ließen 120 Schaben über den Parcours krabbeln - jede von ihnen zehnmal. Bei der Hälfte der Tiere wurden je 40 „Zuschauer-Kakerlaken“ neben der Strecke plaziert. Ergebnis: Für die Hypothese von der „Sozialen Erleichterung“ fand sich kein Beweis. Egal wie schwierig die Rennstrecke war - hatten die Kakerlaken „Publikum“, liefen sie immer deutlich langsamer. Emma Halfmann, Erstautorin der Studie, folgert daraus: „Offenbar ist die Anwesenheit der Artgenossen sehr stark ablenkend und führt dazu, dass die Aufgabe schlechter ausgeführt wird.“