Flughafenausbau : Mehr Lärm für 44.000 Häuser
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Bild: F.A.Z.
Der Flughafenausbau wirkt sich negativ auf den Wert von Wohngebäuden aus. Die Makler bleiben dennoch gelassen.
Wer jetzt kein Haus hat, der kauft sich keines mehr? Immobilienmakler sehen das anders. Zwar leiden die Wohnungsmärkte in den vom Ausbau des Flughafens besonders betroffenen Gebiete stark unter dem Fluglärm. Darmstadt und Trebur, aber auch Rüsselsheim und Hanau drohen bis zum Jahr 2020 hohe Wertverluste. Auch in Offenbach und im Frankfurter Stadtgebiet wird mit niedrigeren Verkaufspreisen gerechnet. Dennoch finden selbst in Raunheim, wo Eigentümer gegenüber dem Umland schon jetzt mit Abschlägen von zehn bis 15 Prozent zu kämpfen haben, die Neubaugebiete noch Kunden.

Redakteur in der Rhein-Main-Zeitung.
Der Makler Joachim Walczuch erklärt dies mit dem hohen Preisdruck in der Region. „Durch die Siedlungsbeschränkungsgebiete wird günstiger Wohnraum immer knapper.“ Wer sich die Preise im ruhigen Speckgürtel nicht leisten kann, verzichtet daher auf Komfort und macht notfalls auch Abstriche beim Lärmschutz. „Im Raunheimer Neubaugebiet an der Lache haben wir unser Kontingent gerade vollständig verkauft“, sagt Walczuch, der bei dem Maklerunternehmen Eschner-Immobilien für jene Wohnhäuser zuständig ist, die im 20 Kilometer weiten Umkreis von Rüsselsheim liegen.
Gesamtwertverlust von etwa zwei Prozent
Wenn Walczuch einen Besichtigungstermin in der Einflugschneise hat, muss er auf gute Windverhältnisse hoffen. Doch selbst wenn es am Himmel ruhig ist und die Schallschutzfenster gut dämmen, die meisten Kunden beschäftigt das Thema Ausbau. „Ob man mit Freunden im Garten sitzen und bei offenem Fenster schlafen kann – danach wird gefragt“, berichtet Walczuch. Seinen Erfahrungen nach ergibt sich für die Region ein diffuses Bild: „Es gibt Menschen, die meiden diese Gebiete“, sagt der Makler. Um im nächsten Satz hinterher zu schieben, dass für den Wohnungsmarkt die Angst vor dem Ausbau übertrieben sei.
Das Regionale Dialogforum hat untersucht, wie sich die Immobilienwerte im Jahr 2020 gegenüber heute unterscheiden, wenn der Flughafen ausgebaut wird. Von Dauerschallpegeln, wie sie nach dem Fluglärmschutzgesetz von Bedeutung sind, wären dann 44.500 Häuser mehr betroffen. Von 50 Dezibel an sind Immobilienwertverluste erkennbar, sie summieren sich auf rund 600 Millionen Euro, das ist ein Gesamtwertverlust von etwa zwei Prozent.
„Wir liegen vollständig unter der Siedlungsbeschränkung“
Vom Ausbau am stärksten negativ betroffen sind die Ortsteile Flörsheim-Nord mit einem Wertverlust von 11,1 Prozent, Neu-Isenburg Nordwest (minus 9,4 Prozent) und Darmstadt-Arheilgen (minus 8,3 Prozent). Umgekehrt gibt es auch Ortsteile mit Wertsteigerungen, zum Beispiel die Flörsheimer Viertel Wicker (plus 13,9 Prozent) und Weilbach (plus 11,7 Prozent). Selbst im nahe der neuen Landebahn gelegenen Raunheim soll der Grundstückswert bis 2020 laut Gutachten steigen.
Jan Laubscheer, Fachbereichsleiter für Planen, Bauen und Liegenschaften in Raunheim, erklärt dies mit dem Druck, der ohnehin schon auf den Flächen der Kommune laste, da sie keine weiteren Neubaugebiete ausweisen dürfe: „Wir liegen vollständig unter der Siedlungsbeschränkung.“ Neue Arbeitsplätze, die im Zusammenhang mit dem Flughafenausbau entstehen, könnten die Nachfrage nach nahegelegenem Wohnraum zusätzlich steigern.
Die Flugzeuge werden leiser
Die Rechnung ist also kompliziert. Im Gutachten des Dialogforums werden die Nachteile, die durch den zunehmenden Lärm entstehen, mit den Vorteilen einer guten Verkehrsanbindung aufgerechnet. Außerdem variiert die Preisentwicklung in den Kommunen je nach Ortsteil oder Stadtviertel. Abhängig vom Dezibelwert rechnen die Käufer mit hohen Abschlägen: Bei einem Referenzpreis von 290.000 Euro für ein Haus und einem Fluglärm zwischen 50 und 55 Dezibel etwa 14.500 Euro, steigt der Fluglärm über 65 Dezibel, geht der Wert um 58.000 Euro zurück.
Bei Gewerbeimmobilien schlägt sich der Flughafenausbau nicht negativ auf den Wert nieder. Da die Wohnimmobilienpreise insgesamt anziehen, bleiben auch die Makler gelassen. Karl Greiner, Frankfurter Niederlassungsleiter der Sparkassen-Immobilientochter Corpus Sireo, meint: „Die Flugzeuge werden leiser, die Gebäude schalldichter.“