Legende – das ist ein großes Wort. Aber bei Gary Bautell trifft es den Kern der Sache. Seine Stimme war für viele Amerikaner und Deutsche über Jahrzehnte die Stimme Amerikas. Gut sechzig Jahre lang war sie regelmäßig im American Forces Network (AFN) zu hören. Jetzt ist sie verstummt: Bautell ist, wie jetzt bekannt wurde, am vergangenen Mittwoch im Alter von 81 Jahren in Wiesbaden gestorben. AFN war sein Leben, und ohne Bautell können sich viele den amerikanischen Soldatensender gar nicht vorstellen. Bis zuletzt war der im Bundesstaat Michigan geborene Moderator und Discjockey für seinen Sender aktiv. So etwas wie eine Altersgrenze kannte er nicht, auch nicht bei seinem Engagement für zahlreiche deutsch-amerikanische Vereine und Organisationen.
Im September 1962 war Bautell als junger Soldat nach Frankfurt gekommen und im Höchster Schloss Teil des AFN-Teams geworden, das dort damals noch sein erstes, direkt nach dem Krieg bezogenes Quartier hatte. Als Discjockey wurde er nicht nur beim amerikanischen Militärpublikum, sondern auch unter den deutschen Hörern schnell bekannt und beliebt, mit seinen Kollegen brachte er die populäre amerikanische Musik – von Jazz und Swing über Soul und Blues bis zum Rock ’n’ Roll – nach Europa. Später wechselte Bautell in die Nachrichtensparte und begleitete das Zeitgeschehen vom Kennedy-Mord bis zum Mauerfall. Er interviewte jeden Kanzler von Willy Brandt bis Angela Merkel, sprach mit knapp einem Dutzend amerikanischer Verteidigungsminister und befragte die Präsidenten Bill Clinton und George W. Bush für seine Hörer.
Mit seiner schon vor einigen Jahren verstorbenen deutschen Frau lebte Bautell seit vielen Jahren in Wiesbaden, wo heute im Hauptquartier der Army das AFN-Programm für die in Deutschland verbliebenen amerikanischen Soldaten gemacht wird. Beigesetzt wird er nach einer Gedenkfeier in der Clay-Kaserne im Familiengrab in Michigan.