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Attentat von Hanau : „Polizei hat Mordtaten begünstigt“

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Am Jahrestag des Anschlags: Demonstration auf dem Hanauer Marktplatz am 19. Februar 2021 Bild: Lucas Bäuml

Die Angehörigen der Opfer des rassistischen Anschlags von Hanau haben Dienstaufsichtsbeschwerde gegen die Polizei eingelegt. Die SPD-Fraktion im hessischen Landtag hält einen Untersuchungsausschuss für unumgänglich.

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          Die Anwälte der Hanauer Opfer-Familien haben gut ein Jahr nach dem rassistisch motivierten Anschlag schwere Vorwürfe gegen die Polizei erhoben. In einem Schreiben an das hessische Innenministerium mit einer Dienstaufsichtsbeschwerde werfen sie den Polizeikräften und -behörden vor, „die Mordtaten des Täters in Hanau durch amtspflichtwidrige Versäumnisse begünstigt beziehungsweise nicht verhindert zu haben“, wie die „Initiative 19. Februar Hanau“ am Mittwoch mitteilte.

          Der 43 Jahre alte Deutsche Tobias R. hatte am 19. Februar 2020 in Hanau neun Menschen erschossen. In der Initiative hatten sich Überlebende sowie Hinterbliebene der Opfer zusammengeschlossen. Anwaltlich vertreten werden sie vom ehemaligen hessischen Justizminister Rupert von Plottnitz und dem Staatsrechtler Günter Frankenberg. Die Dienstaufsichtsbeschwerde richte sich gegen die nach dem Anschlag am Einsatz beteiligten hessischen Polizeibehörden, sagte Plottnitz.

          Konkret gehe es um eine in der Tatnacht möglicherweise verschlossene Notausgangstür am zweiten der beiden Tatorte sowie um die „technisch unzulängliche und unterbesetzte Notrufanlage“ der Hanauer Polizeistation. Auch Versäumnisse im Umgang mit den Angehörigen monieren die Anwälte.

          SPD: Innenminister hat so gut wie nichts getan

          Die SPD-Fraktion im Hessischen Landtag hält einen Untersuchungsausschuss zur Klärung der Umstände des Attentats von Hanau für „unumgänglich“. Die von den Opferfamilien eingereichte Dienstaufsichtsbeschwerde gegen das Land zeige das „Versagen“ des Innenministers Peter Beuth (CDU) meinte die sozialdemokratische Partei- und Fraktionsvorsitzende Nancy Faeser am Mittwoch. Die Hinterbliebenen verdienten Antworten auf die vielen quälenden Fragen, die sich Ihnen seit über einem Jahr stellte und die mit jedem Bericht über neue Details drängender würden. Sie wies darauf hin, dass der ehemalige hessische Justizminister und Rechtsanwalt Rupert von Plottnitz (Die Grünen), die Opferfamilien juristisch vertrete. Er sehe „gravierende Versäumnissen und Fehlleistungen von Behörden, für die das Land Hessen verantwortlich ist“. Das könne „nicht einmal mehr ein Herr Beuth ignorieren“.

          Faeser kritisierte, dass der Innenminister bislang so gut wie nichts getan habe, um alle Umstände der Tat aufzuklären. „Es muss endlich geklärt werden, ob und warum der Notausgang in der Bar an einem der Tatorte verschlossen war. Und es muss endlich geklärt werden, wie es sein kann, dass der polizeiliche Notruf, der zumindest Vili Viorel Paun hätte das Leben retten können, teilweise nicht erreichbar war.“

          Die SPD-Fraktion fordert seit Monaten Aufklärung. Beuth hat stets auf die laufenden Ermittlungen des Generalbundesanwalts verwiesen. Er habe angekündigt, dass er die Opferfamilien nach dem Abschluss seiner Untersuchungen informieren werde. Den dann noch offenen Fragen will die Landesregierung sich annehmen. Das haben Beuth und Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) den Angehörigen der Opfer fest zugesagt.

          Die SPD kann die Einsetzung eines weiteren Untersuchungsausschusses aus eigener Kraft erzwingen. Dafür reicht ein Fünftel der Abgeordneten des Landtages

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