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Wegen Vorteilsannahme : Peter Feldmann zu Geldstrafe verurteilt

Peter Feldmann Mitte November vor dem Landgericht Frankfurt. Bild: dpa

Der ehemalige Frankfurter Oberbürgermeister war angeklagt, weil seine Frau einen Job mit überhöhtem Gehalt aufgrund seiner Amtsstellung bekommen haben soll. Er hatte die Vorwürfe stets zurückgewiesen. Nun muss er 120 Tagessätze zu je 175 Euro zahlen.

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          Das Landgericht Frankfurt hat den ehemaligen Frankfurter Oberbürgermeister Peter Feldmann (SPD) wegen Vorteils­annahme zu einer Geldstrafe von 120 Ta­gessätzen zu je 175 Euro, also insgesamt 21.000 Euro, verurteilt. Damit ist er vorbestraft. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass Feldmanns spätere Frau 2014 eine Stelle als Leiterin einer deutsch-türkischen Kita der Arbeiterwohlfahrt (AWO) bekam, weil sich die damalige Verantwortliche des Verbands damit das Wohlwollen des Oberbürgermeisters sichern wollte.

          Anna-Sophia Lang
          Redakteurin in der Rhein-Main-Zeitung.

          Feldmann hatte vor seiner Wahl 2012 bei der AWO ge­arbeitet und kannte die Geschäftsführer der Kreisverbände Frankfurt und Wies­baden, das Ehepaar Jürgen und Hannelore Richter, aus SPD-Organisationen. Außerdem verurteilte ihn das Gericht, weil Hannelore Richter im Wahlkampf um die zweite Amtsperiode Spenden für seine Kampagne gesammelt und ihn darüber in­formiert hatte. Die Kammer wertete dies als Fortsetzung der zwischen den beiden getroffenen Vereinbarung über Vorteile gegen Wohlwollen.

          Einzahlungen auf das Wohlwollenskonto

          Begonnen hatte die „Unrechtsvereinbarung“ nach Ansicht des Gerichts be­reits 2012 damit, dass Richter Feldmann entgegen den Wünschen des damaligen AWO-Vorsitzenden eine Rückkehrvereinbarung für den Fall gewährte, dass er nicht gewählt wird. Dabei hatte Feldmann bei seiner Tätigkeit für die AWO schlechte Leistungen erbracht. Dies sei „die erste Einzahlung auf das Wohlwollenskonto“ gewesen.

          2014, als die AWO auch auf Feldmanns Initiative hin die Eröffnung einer deutsch-türkischen Kita in Frankfurt plante, habe Feldmann dann bei einem Abendessen mit den Richters seine damalige Freundin vorgestellt. Bei dem  Essen, für das es wegen eines angespannten Verhältnisses zwischen Feldmann und dem Ehepaar keinen privaten Grund gegeben haben könne, habe Hannelore Richter der jungen Frau die Stelle als Leiterin der Kita angeboten. 

          Die Einstellungszusage sei ein weiterer Beitrag gewesen, um sich das Wohlwollen des Oberbürgermeisters  zu sichern. Feldmann sei dies klar gewesen. Spätestens seit der Rückkehrvereinbarung habe er ge­wusst, dass Richter bereit war, Vorteile zu gewähren. „Sie wussten, dass Frau Richter, was das angeht, kein Risiko scheut.“ Richter habe seine Freundin da­mals zum ersten Mal gesehen. Sie habe keinen Lebenslauf oder Zeugnisse von ihr gekannt. Die junge Frau, die noch mitten im Studium war, sei zwar ausgebildete Kinderpflegerin gewesen, habe aber keinerlei Leitungserfahrung gehabt und sei schlicht nicht qualifiziert gewesen.

          In Be­zug auf die Spendensammlung Hannelore Richters im Wahlkampf 2017 kam das Gericht zu der Überzeugung, dass dies klar unter der Fahne der AWO geschehen sei. Es habe sich bereits „am Horizont klar abgezeichnet“, dass die AWO wegen von ihr im Auftrag der Stadt betriebener Flüchtlingsunterkünfte  in Konflikte geraten werde. Richter habe dies gewusst und jemanden gewollt, der „im Notfall die Fahne der AWO hochhält“. Zwei Tage nach Feldmanns Wiederwahl habe sie ihn um ein Treffen gebeten und den Vorschlag gemacht, Feldmann solle das Sozialdezernat an sich ziehen. Dass er sich in Reaktion auf solche Nachrichten um Belange Richters und der AWO kümmerte, habe die Beweisaufnahme bestätigt, so der Vorsitzende. 

          Bei der rechtlichen Würdigung machte der Vorsitzende  grundlegende Anmerkungen zum Straftatbestand der Vorteilsannahme: Ja, so leicht mache man sich als Amtsträger strafbar. Die allgemeine Dienstausübung reiche aus. Auch mög­liche innere Vorbehalte spielten keine Rolle. Die Kammer sehe, dass es schwer sei, „sich durch diesen Dschungel zu be­wegen“.  „Aber überlegen Sie sich mal, wie das auf einen Dritten wirkt, der danebensteht.“ Es gehe um die Lauterkeit von Amtsträgern, schon der Anschein der Käuflichkeit reiche. „Herr Feldmann, es wäre ganz einfach gewesen“, sagte der Vorsitzende zum Angeklagten und fragte ihn, was ihn  gehindert habe, an die Kommunalaufsicht zu schreiben und über die Umstände der Einstellung seiner Freundin und die Rückkehrvereinbarung zu be­richten. „Dann hätte sich jedenfalls die Staatsanwaltschaft nicht mehr damit be­schäftigt.“ 

          Bei der Strafzumessung berücksichtigte das Gericht unter anderem, dass Feldmann manches eingeräumt, Rückzah­lungen als Wiedergutmachung geleistet habe und sein Amt bei der Abwahl durch die Bürger im November verlor. Strafverschärfend wertete das Gericht die Rückkehrvereinbarung, den langen Zeitraum der Taten, Feldmanns Vorbildfunktion und sein Aussageverhalten. Er, der sich in seinem Amt stets für die sozial Schwachen eingesetzt habe, habe sich im Prozess „auf dem Rücken seiner eigenen Tochter verteidigt“. Dass er in seiner Einlassung erzählt hatte, nach der „ungewollten“ Schwangerschaft seiner Freundin eine Abtreibung gewollt zu haben, sei für die Sache vollkommen irrelevant ge­wesen. „Ich weiß nicht, wer die Idee hatte, aber da haben Sie sich ins eigene Fleisch geschnitten.“ Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Feldmanns Verteidiger kün­digten an, Rechtsmittel einzulegen.

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