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Prozess gegen Christopher Jahns : Was hinter den Rechnungen steckt

Weist alle Schuld von sich: Christopher Jahns. Bild: dpa

Jahns geht ins Detail: Der wegen Untreue angeklagte ehemalige Hochschulpräsident will Vorwürfe der Staatsanwälte detailliert entkräften.

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          „Auf die Fotos können wir verzichten“, meinte Jürgen Bonk, Vorsitzender Richter der Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts, als der Angeklagte Christopher Jahns, der ehemalige Präsident der EBS - Universität für Wirtschaft und Recht, seine Einlassungen gestern mit Bildern von einer deutsch-russischen Regierungskonsultation veranschaulichte. Sie zeigten Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und den damaligen russischen Präsident Dmitri Medwedew bei der Unterzeichnung zahlreicher bilateraler Verträge. Einer von ihnen betraf einen Stiftungslehrstuhl, für den die deutsche und die russische Bahn insgesamt 2,5 Millionen Euro zur Verfügung stellten. Jahns präsentierte ihn als das Ergebnis von jahrelangen, komplizierten Verhandlungen, die er nur mit der Unterstützung des Unternehmens Brain Net erfolgreich habe führen können.

          Ewald Hetrodt
          Korrespondent der Rhein-Main-Zeitung in Wiesbaden.

          Seine Einlassungen sind ein Mosaikstein in dem Bild, das er der Sichtweise der Staatsanwaltschaft entgegenhält. Sie spricht von gewerblicher Untreue und führt vor allem vier Rechnungen in einer Gesamthöhe von 180.000 Euro ins Feld. Jahns soll sie von Juli 2009 bis Ende 2010 eigenmächtig und unberechtigt als Manager des Beratungsunternehmens Brain Net ausgestellt und als EBS-Präsident beglichen haben. Dass den Rechnungen sehr wohl Leistungen gegenübergestanden hätten, will Jahns nun beweisen, indem er dem Gericht jede Position ausführlich erklärt. Dafür wird er noch mehrere der 28vorgesehenen Sitzungstage benötigen.

          Kontakt zum damaligen Bahnchef

          Gestern erläuterte der 43 Jahre alte Ökonom beispielsweise eineinhalb Stunden lang eine Leistung, für die Brain Net der EBS 5000 Euro in Rechnung gestellt hatte - und bekam. Das Beratungsunternehmen hatte nach Jahns Angaben mit der Deutschen Bahn mehrere Großprojekte durchgeführt und verfügte außerdem über einen Kenner der russischen Wirtschaft. Darum kannte es sich aus.

          Brain Net habe den Kontakt zu dem damaligen Bahnchef Hartmut Mehdorn hergestellt und ihn darüber hinaus mit einschlägigen Informationen auf die Gespräche vorbereitet, berichtete Jahns. Er präsentierte eine etwa 25 Seiten umfassende Ausarbeitung des Russland-Experten. Der habe sie ursprünglich für einen eigenen Vortrag erarbeitet. Später habe er sie Jahns zur Vorbereitung auf seine Reise nach Russland überlassen und in mehreren Telefongesprächen erläutert.

          „Schlichtweg gelogen“

          Dass die Staatsanwaltschaft die These vertrete, diese Leistung gebe es nicht, sei unfassbar und unerklärlich, meinte Jahns. Brain Net habe betont, dass der in Rechnung gestellte Betrag von 5000 Euro dem tatsächlichen Wert der erbrachten Leistungen nicht einmal annähernd gerecht werde. Der liege nämlich bei rund 150.000 Euro. Derartige Nachlässe habe Brain Net der EBS regelmäßig gewährt, berichtete Jahns. Denn es sei immer klar gewesen, dass die EBS gar nicht in der Lage gewesen sei, die regulären Preise zu zahlen.

          Jahns erinnerte daran, dass das Beratungsunternehmen KPMG nach der Übernahme von Brain Net die von der Staatsanwaltschaft bemängelten Geschäftsbeziehungen zur EBS gründlich geprüft und alle Beteiligten noch einmal eingehend befragt habe. Sie hätten abermals versichert, Leistungen erbracht zu haben, deren tatsächlicher Wert die Rechnungsbeträge bei weitem übersteige.

          Jahns betonte, dass er allein sich um die Akquise des Stiftungslehrstuhls der deutschen und der russischen Bahn persönlich gekümmert habe. Es sei „schlichtweg gelogen“, wenn der frühere EBS-Mitarbeiter Michael Hensen den Anspruch erhebe, das Bahnprojekt selbst akquiriert zu haben. Hensen zählt zu den zwei Hauptbelastungszeugen. Im Herbst wird er in der Hauptverhandlung aussagen.

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