Der Lokaltermin : Funghi White und St. Laurent
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Pizza-Künstler: die Mitarbeiter der“Pizzeria Montana“ Bild: Wonge Bergmann
Die Auswahl ist klein und die Preise saftig. Die „Pizzeria Montana“ im Bahnhofsviertel hat sich trotzdem eine Fangemeinde aufgebaut. Schließlich backen sie dort die vielleicht besten Pizzen der Stadt. Der Lokaltermin.
Das ist keine Reklame. Das ist Kunst. Das große, bunte Leuchtschriftarrangement über dem Eingang stammt von Städelschulprofessor Tobias Rehberger und ist im ohnehin farbenfrohen Bahnhofsviertel auch tagsüber schon von weitem zu sehen. Es macht aufmerksam auf ein kleines Lokal an der Weserstraße, das geradezu exemplarisch für das steht, was seit einigen Jahren im Rotlichtbezirk vor sich geht und in den vergangenen Monaten noch einmal deutlich an Fahrt aufgenommen hat: die „Gentrifizierung“, sprich Verbürgerlichung des Viertels.
Die „Pizzeria Montana“ ist nur einer von etlichen Gastronomiebetrieben, die neues Leben und frischen Charme in die Gegend mit ihren Spelunken, Sex-Shops und Druckräumen bringen. An der Stirnseite des länglichen Raums steht der Ofen. Er sieht aus wie ein überdimensionaler Smiley und ist das Herzstück des Hauses. Denn in diesem gelben, von einem Ofenbauer aus Neapel handgefertigten Monstrum werden die belegten Teigfladen gebacken, mit denen sich die Betreiber schon in den ersten Wochen seit der Eröffnung eine Fangemeinde geschaffen haben.
Intensive Aromen dank kurzer Backzeit
Das Angebot ist mit Bedacht beschränkt: Es gibt nur Pizza. Und ein paar Getränke, darunter einen einfachen Sauvignon Blanc und einen rustikalen St. Laurent. Das war’s. Keine Salate, keine Nudeln, kein Kaffee, kein Schnickschnack. Sieben Pizza-Variationen stehen auf der Karte, von der simplen Marinara, für die nur Tomatensoße, frischer Knoblauch, Oregano und Olivenöl auf den Teig kommen, über die eher unspektakuläre Tonno mit Tomatensoße, Mozzarella, Thunfisch und Zwiebeln bis zur üppig belegten Diavola mit Tomatensoße, Mozzarella, scharfer Salami und karamellisierten roten Zwiebeln. Eine ungewöhnliche, aber besonders überzeugende Variante ist die Funghi White, bei der Sahne und Fontina-Käse zusammen mit frischen Champignons und einigen Blättern Minze auf den Teig kommen.
Im mehr als 400 Grad heißen Smiley-Ofen brauchen diese Kreationen kaum mehr als 60 bis 90 Sekunden, dann sind sie fertig. Der Teig ist vor allem am Rand knusprig, und die Zutaten bewahren angesichts der kurzen Backzeit ihren Eigengeschmack und glänzen auf dem Teller mit intensiven Aromen. Das macht die bemerkenswerte Qualität der „Montana“-Pizzen aus.
Alles andere ist im Prinzip Show. Zum Beispiel, dass auf der Karte nicht nur die Mehlsorte (Caputo Typ 00), die Teigruhezeit (48 Stunden) und die Ofentemperatur (450 Grad), sondern auch die Hersteller der Hauptzutaten verzeichnet sind (Tomatensoße: Mutti San Marzano; Mozzarella: Käsefabrik L’Abbate Offenbach). Das ist aller Ehren wert, und es unterstreicht den Anspruch der Betreiber, ein authentisches, handwerklich gut gemachtes Produkt unter die Leute zu bringen. Entscheidend ist allerdings, dass sie es tatsächlich tun und so auch die im Vergleich zu anderen Pizzerien eher gehobenen Preise rechtfertigen: Die Marinara kostet 5,90 Euro, die Margherita 7,90 Euro, und alle anderen schlagen mit 9,90 Euro zu Buche. Für die vielleicht besten Pizzen der Stadt ist das im Grunde aber nicht der Rede wert.