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Öffentlich-private Projekte : Partnerschaften in der Krise

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Aus der Kurve: In Frankfurt wurde ein riesiges ÖPP-Projekt abgesagt; die Rosa-Luxemburg-Straße sollte Teil einer umfangreichen Brückensanierung werden.

Aus der Kurve: In Frankfurt wurde ein riesiges ÖPP-Projekt abgesagt; die Rosa-Luxemburg-Straße sollte Teil einer umfangreichen Brückensanierung werden. Bild: Schmitt, Felix

Spätestens seit dem Scheitern eines öffentlich-privaten Brückenbauprojekts in Frankfurt haben solche ÖPP-Verfahren ein Imageproblem. Verständlich, sagen die Gegner. Ungerecht, finden die Befürworter.

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          Der 18.Juni 2012 war ein schwarzer Tag für die Anhänger öffentlich-privater Partnerschaften. Damals sagte die Stadt Frankfurt ein 500-Millionen-Euro-Projekt ab: Statt 130Brücken und 40weitere Ingenieurbauwerke in einem ÖPP-Verfahren sanieren und für 30Jahre instand halten zu lassen, kippte die schwarz-grüne Koalition den Plan kurzerhand. Die Begründung: Es habe sich um ein Projekt „aus finanziell besseren Zeiten“ gehandelt. Dabei soll es bei ÖPP eigentlich darum gehen, die öffentliche Hand zu entlasten, indem ein Privater zum Geschäftspartner wird.

          Es hätte ein Prestigeprojekt werden können - jetzt steht die Frankfurter Brückenpleite Pate für den Imageschaden eines ganzen Finanzierungsmodells. Die öffentliche Hand in Deutschland, zu der die Kommunen in Hessen zählen, scheint schon eine ganze Weile nicht mehr allzu viel zu halten von der einst von manchem als Geniestreich gepriesenen Idee.

          Immer weniger Kommunen glauben das Versprechen

          Dabei erscheint der Grundgedanke bestechend, der sich in zahlreichen Varianten in den meisten Verfahren findet: Hat eine Kommune für die dringende Sanierung ihrer Schulen zum Beispiel nicht genug Geld, sucht sie sich einen privaten Geldgeber. Dieser Investor wiederum holt sich ein großes Bauunternehmen ins Boot, das die Schulen in kurzer Zeit relativ unbürokratisch saniert und fortan unterhält. Dafür zahlt die Kommune nach einem Lebenszyklus-Modell für eine bestimmte Zeit, oft über drei Jahrzehnte hinweg, eine bestimmte Jahresrate. Am Ende der Laufzeit, so lautete stets das Versprechen der ÖPP-Anhänger, werde die Kommune weniger Geld für bessere Qualität gezahlt haben, als wenn sie selbst saniert oder gebaut hätte. Falls sie ohne ÖPP überhaupt hätte sanieren oder bauen können.

          Das Problem ist bloß, dass immer weniger Kommunen das Versprechen glauben, wie Karl-Christian Schelzke meint. Für den geschäftsführenden Direktor des Hessischen Städte- und Gemeindebunds „hat sich herausgestellt, dass ÖPP langfristig eben doch nicht günstiger ist“, sagt er. Zwar gibt es in Deutschland noch längst kein Projekt, das den kompletten Lebenszyklus durchlaufen hat. Aber Schelzke und andere zweifeln grundsätzlich daran, dass es überhaupt günstiger sein kann. „Ein Privater muss gewinnorientiert sein.“ Und der Gewinn müsse schließlich irgendwo erzielt werden. Die ÖPP-Gegner bemängeln aber noch so einiges mehr, vor allem die fehlende Transparenz und die hohen Transaktionskosten für Berater in den sehr komplizierten Verfahren. Er wolle ÖPP nicht verteufeln, sagt Schelzke, aber viele Städte und Gemeinden in Hessen hätten erkannt: „Das Allheilmittel ist das nicht.“

          „Wir stoßen da im Augenblick auf größere Schwierigkeiten“

          Peter Hübner kennt die Argumente. Der Vorsitzende des Bauindustrieverbands Hessen-Thüringen sagt: „Die Kommunen glauben oft, ÖPP sei zu teuer. Wir sehen das ganz anders.“ Die zunächst versprochenen Kostenvorteile von zehn Prozent und mehr seien allerdings nicht durchweg zu halten, gibt er zu. Dafür biete ÖPP aber noch viel größere Pluspunkte, meint Hübner und sagt: „Der Effizienzvorteil, dass einer von vorne bis hinten plant und baut, überwiegt den finanziellen Vorteil bei weitem.“ Was geschehe, wenn eine Stadt ein Milliardenprojekt in zu viele Hände lege, zeige sich beim Flughafenbau in Berlin: alles viel teurer, alles viel später.

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