Neue Forderung der Flugsicherung : Neue Windparks bleiben umstritten
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Sorgen für Wirbel: Nach der Forderung der Flugsicherung soll im Radius von 15 Kilometern um jedes Funkfeuer kein Windrad gebaut werden. Bild: dpa
Windräder stören die Signale der Funkstellen zur Flugzeugortung. Nach der geforderten Sicherheitszone sollte man in Südhessen nur die Hälfte der Windvorranggebiete nutzen. Doch die Regionalplaner reagieren gelassen.
Der Streit um neue Windkraftanlagen im Rhein-Main-Gebiet geht in eine neue Runde. Die Ankündigung des Bundesaufsichtsamts für Flugsicherung und der Deutschen Flugsicherung, bei ihrem strengen Kurs zu bleiben, könnte für das Rhein-Main-Gebiet weitreichende Konsequenzen haben. Denn beide fordern aus Sicherheitsgründen rund um jedes Funkfeuer eine international vorgeschriebene Schutzzone von 15 Kilometern, Windräder wollen sie nur im Einzelfall in dieser Zone dulden.
In Südhessen sind allein acht der bundesweit 64 Funkfeuer installiert, um den Betrieb des Frankfurter Flughafens zu sichern. An den Funkfeuern orientieren sich die Piloten nach Vorgaben der Lotsen. Wird die 15-Kilometer-Zone strikt berücksichtigt, können im Gebiet des Regionalverbands, der für 75 Kommunen zuständig ist, weniger als die Hälfte der Flächen, die als Windvorranggebiete vorgesehen sind, für neue Anlagen genutzt werden. Es stünden nur 0,45 Prozent der Gesamtfläche zur Verfügung. Im Regierungsbezirk Südhessen würden sich die Flächen für Windparks stark verringern, vor allem würden die Anlagen auf einzelne Gebiete konzentriert: auf den Rheingau-Taunus-Kreis, den Odenwald und den Main-Kinzig-Kreis. Wie es heißt, könnte das Ziel der Landesregierung, zwei Prozent der Landesfläche für Windparks bereitzustellen, dennoch in Südhessen knapp erreicht werden.
Bauanträge in mehr als 90 Prozent genehmigt
Die Planungsbehörden in der Region haben auf die Ankündigung der Flugsicherung nur verhalten reagiert. „Das ist nichts Neues“, teilte die Erste Beigeordnete des Regionalverbands Frankfurt/Rhein-Main, Birgit Simon (Die Grünen), mit. Immer wieder hätten das Bundesaufsichtsamt und die Deutsche Flugsicherung in den vergangenen Monaten auf die Schutzzone um Anlagen hingewiesen, die im Jahr 2009 von der internationalen Luftverkehrsorganisation ICAO von drei auf 15 Kilometer erweitert worden sei. Für Simon stellt sich die Frage, wie verbindlich diese Schutzzone einzuhalten ist.
Das hessische Wirtschaftsministerium interpretiert die ICAO-Vorgabe so, in einem Radius von drei bis 15 Kilometer um ein Funkfeuer müsse der Bau eines Windrades vertieft geprüft werden, der Bau sei aber nicht von vornherein ausgeschlossen. Das Bundesaufsichtsamt bestätigte, dass Bauanträge in mehr als 90 Prozent der Fälle eine Zusage erhalten hätten.
Flugsicherung bereits Bau 21 Windräder abgelehnt
Verkehrsminister Florian Rentsch (FDP) hatte den Regionalplanern deshalb empfohlen, für die derzeitige Ermittlung von Windvorranggebiete zunächst eine Drei-Kilometer-Zone um die Funkfeuer vollständig auszuschließen. Ob noch mehr Vorranggebiete mit Blick auf die Flugsicherung ausgeschlossen werden müssten, werde sich im weiteren Verfahren zeigen. Der Plan mit den Windvorranggebieten, der offiziell „Teilplan erneuerbare Energien des Regionalplans Südhessen 2010“ heißt, wird zweimal öffentlich ausliegen. Auch die Flugsicherung ist dann aufgefordert, Stellung zu nehmen. Im Dezember wollen die regionalen Gremien die Offenlage beschließen, die dann vermutlich Anfang des Jahres kommt.
Für die derzeitige Genehmigung einzelner Windräder holt das Regierungspräsidium Darmstadt die Stellungnahme der Flugsicherung ein. In den vergangenen Monaten hatte sie allerdings immer häufiger den Bau neuer Anlagen abgelehnt. So wurden in Birstein im Main-Kinzig-Kreis 14 Anlagen und in Frankfurt die geplanten sieben Windräder in Bergen-Enkheim und in Nieder-Erlenbach auf Intervention der Flugsicherung abgelehnt.
In Hessen werden vermutlich 200 Anlagen verhindert
Die Windbranche findet den geforderten Sicherheitsabstand zu groß und fürchtet, dass die Flugsicherung den Bau von Windräder zu pauschal verwirft. Der Wiesbadener Windparkprojektierer Abo Wind AG, der in Frankfurt-Nieder-Erlenbach die Anlagen errichtet wollte, hat bei einem Fachmann für Radarfunkfeuer ein Gutachten in Auftrag gegeben. Der meint, dass die vier Windräder auf das zwölf Kilometer entfernt liegende Drehfunkfeuer in Niddatal keinen messbaren Einfluss haben. Die Abo Wind will deshalb gegen die Entscheidung der Flugsicherung klagen. Denn außer in Nieder-Erlenbach kann das Unternehmen weitere 30 Anlagen in Südhessen wegen der Funkfeuer nicht errichten. In ganz Hessen würden rund 200 Windkraftanlagen verhindert, bundesweit seien es mehr als 1000.
Die Flugsicherung führt die Sicherheit im Luftverkehr für ihr strenges Vorgehen an. Die UKW-Funkfeuer seien bereits durch zahlreiche Einflüsse wie Hochhäuser, Hügel oder schon vorhandene Windräder gestört, die sich aufaddierten, sagte ein Sprecher der Deutschen Flugsicherung. „Irgendwann ist das Fass voll.“ Die Piloten könnten die von den Lotsen vorgegebenen Routen nicht mehr verlässlich ansteuern.