„Nature laughs last“ in der Galerie Detterer : Melancholische Hirsche geistern durch den Wald
- -Aktualisiert am
Die Ausstellung „Nature laughs last“ in der Frankfurter Galerie Detterer hinterfragt mit Witz und Ironie romantische Motive der Natur.
Vielleicht liegt es ja am Wetter. An der Ahnung von Frühling nach diesen wahrlich langen, trüben Winter, den Schneeglöckchen, die ihre Hälse recken und dem ersten bisschen Farbe an den Weidenspitzen, die uns gerade jetzt seltsam romantisch stimmen. An der kleinen, wesentlich das Thema Natur ins Zentrum der Betrachtung rückenden Schau jedenfalls, mit der Martina Detterer derzeit ihre lose Reihe konzentrierter Themenausstellungen in ihrer Frankfurter Galerie an der Hanauer Landstraße fortsetzt, kann es eigentlich nicht liegen. Nicht weil die Kunst nichts taugte, im Gegenteil. Doch keine der drei unter dem Titel „Nature laughs last“ vorgestellten Positionen möchte man auch nur entfernt als „romantisch“ bezeichnen.
Vielmehr erweist sich das Verhältnis zur Natur in jedem Fall als nachhaltig gebrochen. Das gilt selbst für den durch den Wald geisternden „melancholischen Hirsch“ Robert Klümpens oder sein das Pathos klassisch romantischer Motive mit sanfter Ironie ausbremsende „Alter Meister - Jetzt ist Schluss mit Eberjagd“, das in Öl und Tusche auf ungrundiertem Nessel einen am Ufer eines Teiches zurückgelassenen Rollator zeigt.
Monty Python und die Monotypie
In „How To Recognize Different Types Of Trees From A Distance Quite Far Away“, einer nach der britischen Komikertruppe Monty Python betitelten Serie, geht es dem jungen Kenneth Alme um mehr und auch um etwas anderes, als es der Titel und auch der erste Augenschein nahe legen könnte. Zwar stimmt es schon, dass sich der 1981 geborene norwegische Künstler von naturkundlichen Abbildungen aus Bestimmungsbüchern des 19. Jahrhunderts inspirieren lässt. Und in der Tat zeigen die in Öl auf roher Leinwand ausgeführten Bilder etwa Blätter, Früchte, Blüten von Gräsern oder Bäumen. Mit den Gemälden im Gepäck Erle, Espe oder Weide zu bestimmen freilich, gestaltet sich dann doch ein wenig schwierig.
Alme, der bei Henrik Plenge Jakobsen in Oslo sowie bei Christa Näher an der Frankfurter Städelschule studiert hat, kombiniert vielmehr die Malerei mit dem im 17. Jahrhundert erstmals aufkommenden Verfahren der Monotypie, indem er im Laufe des Prozesses eine zweite, noch leere Leinwand mehrmals auf die noch feuchte Farbe der ersten presst und schließlich die beiden Leinwände übereinander spannt.
Naturerfahrung aus dritter Hand
Was wir Natur nennen, mag uns Kenneth Alme mit seiner Kunst sagen wollen, ist allenfalls ihr blasser, fragmentarisch uns heimleuchtender Widerschein. Und Naturerfahrung scheint allein als vermittelte, aus zweiter oder dritter Hand möglich.
Tue Greenfort schließlich, schon während seines Studiums bei Thomas Bayrle mit zahlreichen Ausstellungen etwa im Frankfurter Kunstverein oder im 1822-Forum bekannt geworden, interessiert sich seit jeher für die unscharf gewordene Grenze zwischen dem, was einmal Natur hieß, und ihren Erscheinungsformen im suburbanen, vom Menschen gestalteten Raum.
Würstchen als Köder
Ob er, wie seinerzeit vor den Ateliers der Städelschule an der Daimlerstraße, Füchse fotografiert oder dieser Staatlichen Hochschule für Bildende Künste eine Kompostanlage spendiert, ob er, wie bei den Skulptur-Projekten in Münster, einen zum Wasserwerfer umgerüsteten Güllewagen am überdüngten Aasee auffahren lässt oder, wie hier, am Beispiel eines Karpfens Natur, Jagd und Sport auf so schlichte wie aberwitzige Weise miteinander kurzschließt und mithin Naturerlebnis und Naturentfremdung ineinander spiegelt: Greenforts mal subtile, mal brachiale, stets aber hintersinnig komische Eingriffe kreisen stets um das komplexe Geflecht von Ökologie, Ökonomie und Gesellschaft. Und mitunter verändern seine künstlerischen Interventionen dieses Gefüge auch.
Zu wessen Gunsten freilich ist dabei nicht immer ausgemacht. Und manchmal, wie bei „Daimlerstraße 38“, lacht die Natur gerade wie es der Titel der charmanten Schau verspricht auch in der Tat zuletzt. Denn das eine oder andere Foto der verdutzten Tiere hat seine Fuchsfalle zwar seinerzeit geschossen. Doch nach ein, zwei Wochen hatten die urbanen Füchse offenbar dazugelernt. Die als Köder ausgelegten Würstchen jedenfalls waren am Morgen stets verschwunden. Aber Fotografieren lassen wollten sich die schlauen Räuber nicht mehr.