Murnau-Stiftung : Caligari darf nicht sterben
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Umgeben von Filmgeschichte: Ernst Szebedits leitet seit fünf Jahren die Wiesbadener Murnau-Stiftung. Bild: Frank Röth
Das Jahr des Jubiläums in der Murnau-Stiftung geht zu Ende, im nächsten muss sie nach neuen Verbündeten für das deutsche Filmerbe suchen. Die nächsten Großprojekte sind in der Planung.
„Der müde Tod“ sieht jetzt schon deutlich munterer aus als noch vor einem Jahr. Die Friedrich-Wilhelm-Murnau-Stiftung hat sich seine Erweckung selbst zum fünfzigjährigen Bestehen geschenkt: Im Februar wurde Fritz Langs 1921 gedrehtes phantastisches Drama in Berlin in seiner digital restaurierten Fassung uraufgeführt, samt einer neu komponierten Filmmusik, die nun mitvermarktet wird.
Mittlerweile hat die 1966 in Wiesbaden gegründete Stiftung eine gewisse Routine in solchen Großereignissen: Seit im Jahr 2010 Langs „Metropolis“, 2001 als erster Film in das UN-Weltdokumentenerbe aufgenommen, dank spektakulärer Materialfunde vervollständigt und restauriert werden konnte, ist alle zwei Jahre ein Klassiker des frühen deutschen Films wiederhergestellt worden. 2016, zum Jubiläum, war es wieder ein Lang-Film.
Viertel des Filmerbes verloren
2017 wollen die Wiesbadener, obwohl es ein ungerades Jahr ist, gleich zwei Großprojekte realisieren. Das eine ist noch geheim, ein früher Film der Ufa, vormals Universum Film, die 1917 in Berlin gegründet wurde. Das Jubiläum soll mit der Premiere einer Restaurierung samt Vertonung gefeiert werden und mit einer zehnteiligen Ufa-Reihe im Fernsehsender Arte. Die Rechte dieser Filme liegen, wie die von gut 2000 weiteren Stumm-, gut 1000 Tonfilmen sowie 3000 Kurz- und Dokumentarfilmen aller Art bei der Murnau-Stiftung. Die wenigsten allerdings liegen als Filmrollen direkt bei der Stiftung, und viele Kopien und Negative sind, oft in Stücken, in aller Welt verstreut. 1966 wurde die Stiftung als Rechtsnachfolgerin der großen deutschen Filmunternehmen in Wiesbaden gegründet – ein Erbe, das verpflichtet.
Nur über das zweite Großprojekt des nächsten Jahres kann Ernst Szebedits, seit fünf Jahren Vorstand der Murnau-Stiftung, schon sprechen: Finanziert von dem filmtechnischen Großunternehmen Arri, das 2017 ebenfalls sein hundertjähriges Bestehen feiert, restauriert Murnau derzeit „Münchhausen“, den 1943 in der Regie von Josef von Báky gedrehten opulenten Farbtonfilm der Ufa mit Hans Albers in der Hauptrolle. Dass ein solcher Klassiker, der doch ab und an auch im Fernsehen gezeigt wurde, überhaupt eine Restaurierung braucht, klingt erstaunlich.
Doch wird „Münchhausen“ 2017 das Privileg genießen, in bestmöglicher Form digital restauriert erhalten zu bleiben. Mindestens ein Viertel des deutschen Filmerbes hingegen ist unwiederbringlich verloren. Rund 500 Millionen Euro, so eine Studie, würde es kosten, den Rest zu retten. Ob das Aufgabe des Bundes, der Länder oder beider ist, wird seit geraumer Zeit immer wieder diskutiert.
Freiheit der Stiftung bewahren
„Wir sind Rechteinhaber, wir sind keine Sammler oder Archivare. Ich möchte die Filme zu den Leuten bringen und nicht in die Regale“, erklärt Ernst Szebedits. Technische, filmhistorische und auch wirtschaftliche Fragen, etwa der künftigen Vermarktung, gelte es abzuwägen, wenn ein Film restauriert werde. Szebedits, der zuvor in Frankfurt als Produzent und Verleiher der Pegasos, später Neue Pegasos tätig war, versteht das Filmgeschäft und hat als Akteur in verschiedenen Filmverbänden beste Kontakte. Das hat der Stiftung, die von der Verwertung der Rechte, vor allem im Fernsehen und durch digitale Trägermedien, lebt, eine neue Richtung gegeben: Von der Vermarktungsgesellschaft Transit hat sich Murnau getrennt und kümmert sich nun selbst um die Bewirtschaftung seines Filmstocks.