Mehr Unfälle mit Motorrädern : Tödliches Risiko auf zwei Rädern
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Beliebte Strecke: Motorradfahrer sind gern auf der B54 zwischen Bad Schwalbach und Aarbergen unterwegs. Bild: Cornelia Sick
Zwar ist die Zahl der Unfälle mit Motorrädern gering. Aber 80 Prozent der Verkehrstoten im Rheingau-Taunus-Kreis im vergangenen Jahr waren als Biker unterwegs. Die Polizei versucht nun, da gegenzusteuern.
Wer gut motorisiert, aber nur auf zwei Rädern unterwegs ist, der nimmt ein ungleich höheres Risiko in Kauf, im Straßenverkehr schwer verletzt oder gar getötet zu werden. Die Leiterin der Polizeidirektion Rheingau-Taunus, Eva Hertel, unterstreicht diese Einschätzung mit Zahlen. Zwar waren an den 4000 Verkehrsunfällen des vergangenen Jahres im Rheingau-Taunus-Kreis nur zu drei Prozent Motorradfahrer beteiligt. Unter den fast 100 Schwerverletzten war aber jeder Dritte ein Biker. Und fünf der sechs Verkehrstoten des Jahres 2019 waren als Fahrer oder Beifahrer mit dem Zweirad unterwegs.

Korrespondent der Rhein-Main-Zeitung für den Rheingau-Taunus-Kreis und für Wiesbaden.
Eine Entwicklung, die sich durch die Corona-Pandemie womöglich noch verstärkt. Denn zumindest in Hessen waren auch während des Lockdowns gemütliche Ausfahrten in schöner Landschaft möglich. Der Rheingau-Taunus-Kreis war dabei unter anderem wegen der atemberaubenden Strecken durch das Wispertal und das Aartal ein bevorzugtes Ziel. Mit dem Ergebnis, dass auch in diesem Jahr schon zwei Motorradfahrer gestorben sind und in den ersten vier Monaten doppelt so viele Fahrer wie im gleichen Zeitraum des Jahres 2019 verunglückten.
Die meisten Motorradfahrer verhalten sich regelkonform
Beliebt unter den Motorradfahrern ist auch die Bäderstraße und der kurvenreiche Abzweig nach Bad Schwalbach. Dort, wo die Biker dann wieder wenden, stellte Hertel am Freitag gemeinsam mit Landrat Frank Kilian (parteilos) die landesweite Aktion „Du hast es in der Hand!“ vor, mit der Motorradfahrer zu angepasster Fahrweise ermuntert werden sollen. Dafür werden im ganzen Land entlang beliebter Strecken Banner aufgestellt, um dazu aufzurufen, vorausschauend zu fahren und sich gut sichtbar zu kleiden.
Die Polizei setzt auf Information und auf Repression, unter anderem durch Kontrollen mit Zivilmotorrädern. Laut Hertel gab es im vergangenen Jahr mehr als 500 Kontrollen im Landkreis, und sie bescheinigt 90 Prozent der Motorradfahrer, regelkonform ihrem Freizeitvergnügen nachzugehen. Ärgerlich sind für die Polizei, die Anwohner und die Masse der Biker aber jene Fahrer, die entweder zu schnell oder zu laut oder beides sind.
Fahrverbote für bestimmte Tage
Hertel und Kilian hoffen, dass die Kampagne vielleicht doch zu mehr Einsicht führt und der Anteil der bislang Unbelehrbaren weiter zurückgeht. Laut Hertel ist geplant, an beliebten Strecken auch sogenannte Lärmdisplays aufzustellen, die dem Biker optisch anzeigen, wenn er zu laut unterwegs ist. „Vielleicht rüttelt das den einen oder anderen auf“, hofft der Landrat. Hertel meint, dass die Polizeikontrollen durchaus Wirkung zeigen, vor allem, wenn Motorräder nach unzulässigen Umbauten direkt stillgelegt oder Bußgelder verhängt und Fahrverbote ausgesprochen werden. Ein Fahrverbot für bestimmte Strecken an bestimmten Tagen, wie es anderorts im Land schon versuchsweise angeordnet wurde, wird für den Landkreis bislang aber nicht erwogen, obwohl sich fast alle Motorradunfälle freitags oder samstags ereignen.
Insgesamt ist im Rheingau-Taunus-Kreis die Zahl der Verkehrsunfälle im Jahr 2019 auf 4057 (plus 150) gestiegen. Gleichzeitig ging die Zahl der Unfälle mit Verletzten zurück. Die Zahl der Leichtverletzten sank im Vergleich zum Vorjahr auf 527 (minus 12), die der Schwerverletzten auf 113 (minus 43) und die der Getöteten auf sechs (minus drei).
Erstmals stieg die Zahl der Wildunfälle auf mehr als 1000 (plus 18 Prozent), womit jeder vierte Unfall auf die Begegnung mit einem Wildtier zurückzuführen ist.
Eine Unfallzahl in fast gleicher Höhe (1100) ordnet die Polizei dem Delikt Verkehrsunfallflucht zu. Das unerlaubte Entfernen vom Unfallort wird von den Bürgern offenbar zunehmend als Kavaliersdelikt betrachtet, während die Polizei darin „eine Straftat von erheblicher Bedeutung“ sieht. Zur eindringlichen Warnung verweist die Polizei darauf, dass vier von zehn dieser Straftaten auch aufgeklärt werden. Das Risiko, erwischt zu werden, sei also hoch.