AfD-Kundgebung in Mainz : Zwei Strafanzeigen zu einem Lied
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Frauke Petry im Profil: Die Parteivorsitzende der „Alternative für Deutschland“ (AfD) am 21.11.2015 in Mainz Bild: dpa
Am vergangenen Samstag waren in Mainz Anhänger der AfD zu einer Kundgebung zusammengekommen - und wurden dabei immer wieder von einem Chor unterbrochen, der lautstark die „Ode an die Freude“ zum Besten gab. Inzwischen sind zwei Strafanzeigen eingegangen.
Wo man singt, da lass dich ruhig nieder, heißt es, denn böse Menschen haben keine Lieder. Im konkreten Fall allerdings, in dem mittlerweile sogar die Staatsanwaltschaft ermittelt, stimmten rund 100 Freunde und Mitarbeiter des Staatstheaters Mainz die als Europahymne bekannte „Ode an die Freude“ an, um andere zu ärgern. Denn vor dem Mollerbau waren am vergangenen Samstag etwa 300 Anhänger der rechtspopulistischen Alternative für Deutschland (AfD) zusammengekommen, um zu hören, was die Bundesvorsitzende Frauke Petry und der rheinland-pfälzische Landeschef Uwe Junge zum Thema „Asylchaos“ zu sagen hatten. Da ihnen die im Theaterfoyer bei offenen Fenstern übenden Sänger dabei mehrfach ins Wort fielen, sind inzwischen zwei Strafanzeigen eingegangen.

Korrespondent der Rhein-Main-Zeitung in Mainz.
Die eine kam, wie erwartet, von der AfD. Die andere stammt von der Polizei, die schon während der angemeldeten Versammlung auf dem Gutenbergplatz die Künstler mehrfach per Lautsprecher darauf hingewiesen hatte, dass deren Gesangsaktion nicht rechtens sei. Tatsächlich könne die grobe Störung einer genehmigten Veranstaltung mit einer Geldstrafe, wenn nicht sogar einer Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren, bestraft werden, erläuterte eine Polizeisprecherin.
Im Kreuzfeuer steht Theaterintendant Markus Müller
So grob sei die Störung nicht gewesen, schallt es derweil aus dem Theater zurück. Zudem habe man letztlich die Fenster geschlossen. Im Kreuzfeuer steht Theaterintendant Markus Müller, weil er die Belegschaft zu der Extraprobe am Samstagabend eingeladen haben soll, um „die besonderen akustischen Gegebenheiten des Foyers auszutesten“. Vor allem Politiker von SPD und Grünen in Mainz, die sich am Samstag zu einer von mehr als 1000 Teilnehmern unterstützten Gegendemonstration auf der Ludwigsstraße – also in Sichtweite des Staatstheaters – eingefunden hatten, stärkten Müller den Rücken. Während sie ihn für „seinen couragierten Auftritt“ lobten, musste er von anderer Seite heftige Kritik einstecken, weil sich die Theaterleute äußerst undemokratisch gezeigt hätten.
Nachdem selbst die in der Medienstadt beheimatete „heute“-Redaktion des ZDF unter der Überschrift „Mainz, wie es singt und stört“ über den Fall berichtet hat, wird Müller heute Abend von 22Uhr an im „Nachtcafé“ des Südwestfernsehens erwartet, um mit Moderator Michael Steinbrecher und anderen Gästen über „Menschen mit Courage“ zu sprechen. Und auch darüber, wie die „Ode an die Freude“ gemeint war. Laut Müller als „Botschaft der Vielfalt, der Offenheit und dass alle willkommen sind in unserem Land“.