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Lokalhistoriker in Bad Homburg : Auch die Schandtaten tauchen auf

  • -Aktualisiert am

Das Titelblatt gibt es schon: Heinz Humpert zeigt, wie ein Band des Seulberger Familienbuchs aussehen wird. Bild: Kühfuss, Patricia

Sein Hobby wurde zum unbezahlten Hauptberuf: Heinz Humpert trägt alte Familiengeschichten zusammen. Sein erstes Familienbuch steht kurz vor dem Druck.

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          Ach, es kommt doch eins zum andern. Da will man eigentlich nur den Überblick über die unerwartet reichhaltige Verwandtschaft behalten. Und schon wird die Familiengeschichte zum unbezahlten Hauptberuf. An diesem Wochenende legt Heinz Humpert das Layout für das Familienbuch Seulberg fest. Fürs Sortieren der Daten benötigt der Computer schon mal eine gute Viertelstunde Rechenzeit. Drei Bände mit mehr als 2000 Seiten werden es, das weiß Humpert jetzt schon. 5351 Familien des Friedrichsdorfer Stadtteils sind darin alphabetisch aufgeführt. Geschätzt etwa 25.000 Namen mit Geburts-, Konfirmations- und Sterbedaten sowie weitere Informationen, die sich in Kirchenbüchern und anderen Dokumenten finden ließen.

          Bernhard Biener
          Redakteur in der Rhein-Main-Zeitung

          Die ältesten Daten stammen aus dem 17. Jahrhundert. „Bis 1983 habe ich 100 Prozent der Verstorbenen erfasst“, sagt Humpert. Danach greift der Datenschutz, und er ist auf die Angaben der Lebenden angewiesen. Aber er wertet auch Todesanzeigen aus: „Gestern in der Zeitung, heute im Familienbuch.“ Denn nach Erscheinen einer gedruckten Version aktualisiert er die Daten weiter. Das kurz vor dem Druck stehende Seulberger Familienbuch wird das dritte sein, das Humpert veröffentlicht.

          Die Hürden der Computertechnik

          Angefangen hat es mit den Bad Homburger Stadtteilen Ober-Eschbach und Gonzenheim. In Letzterem wohnt er, aus dem ersten stammt seine Frau: eine geborene Fritzel, ihre Mutter eine geborene Wächtershäuser. Als Humpert 1973 aus Olpe in den Taunus kam, lernte er schnell: Damit hatte er in zwei Drittel aller Ober-Eschbacher Familien eingeheiratet. Entfernt zumindest.

          Der Sauerländer zeichnete die Verbindungen auf, um den Überblick zu behalten. Das Blatt wurde immer größer, von DIN A4 zu DIN A0. Als selbst das Tabellenkalkulationsprogramm überfordert war, probierte er verschiedene Software aus. Schließlich traf er einen Programmierer mit der richtigen Lösung. Vorher hatte Humpert Lehrgeld bezahlt: Das Übertragen von einem Programm auf ein anderes funktionierte nicht richtig. Er musste anschließend ein Jahr lang die Datensätze auf ihre Vollständigkeit kontrollieren.

          Heimatforscher gibt es viele

          Warum tut er sich das an? Die historischen Hintergründe der verschiedenen Familien faszinieren ihn. Hinzu kommt der Reiz, die schwer leserlichen Kirchenbucheinträge zu entziffern und zu erschließen. Als Humpert jung war und Briefmarken sammelte, musste sein Vater ihm die Texte von Feldpostkarten vorlesen. Für die Familienbücher erlernte er selbst die alte deutsche Schreibschrift, aus der Ludwig Sütterlin 1911 Varianten für die preußischen Schulen entwickelte. Sogar Einkaufszettel schrieb Humpert zur Übung in den spitzwinkligen Buchstaben.

          Heimatforscher, die Familienbücher erstellen, gibt es viele. Aber nicht alle sind so konsequent wie der 66 Jahre alte Maschinenbauingenieur. Humpert arbeitete bei Rolls Royce in Oberursel in der Triebwerksherstellung. Als die Schwiegereltern die Landwirtschaft in der Gonzenheimer Hofreite aufgegeben hatten, baute er die ehemaligen Ställe und Scheunen zu Wohnhäusern um. Die Mieteinnahmen reichten, um die Schulden zu tilgen und den Lebensunterhalt zu bestreiten. Humpert ließ sich deshalb mit 45 Jahren von seinem Arbeitgeber freistellen. „Seither arbeite ich mehr als je zuvor“, sagt er.

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