Debatte um Lehrermangel : SPD sieht ungleiche Chancen an Schulen
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Wer sich oft meldet, kommt besser mit. Bild: dpa
Fachwissen allein genügt nicht: Abgeordnete des Hessischen Landtags kritisieren den Umgang des Kultusministeriums mit dem Lehrermangel. Die FDP-Landtagsfraktion fordert eine pädagogische Ausbildung für alle Quereinsteiger, die an Schulen lehren.
Der Lehrermangel und pädagogisch nicht ausgebildete Seiteneinsteiger führen nach Einschätzung der SPD-Fraktion im Landtag dazu, dass insbesondere Kinder in sozialen Brennpunktschulen benachteiligt werden und keine Chancen auf die gleiche Bildung haben wie Kinder aus gutbürgerlichen Elternhäusern. Christoph Degen, bildungspolitischer Sprecher der Sozialdemokraten, sagte gestern im Landtag: „Bildungserfolg darf nicht davon abhängen, ob ein Kind Eltern zu Hause hat, die helfen können.“ Damit bezog sich Degen auf einen Bericht, wonach die Eltern einer Offenbacher Grundschule ihre Kinder ersatzweise selbst unterrichten, weil es dort nicht genügend Lehrer gibt. „Der Lehrermangel ist nach wie vor Tag für Tag Realität an unseren Schulen“, konstatierte Degen und forderte von Kultusminister Alexander Lorz (CDU), diesen Mangel nicht weiterhin als „Lappalie abzutun“.
Kritik äußerte der SPD-Abgeordnete daran, dass immer mehr pädagogische Laien in der Schule eingesetzt würden und forderte, die Rahmenbedingungen für den qualifizierten Einstieg von Quereinsteigern zu verbessern. Unterstützung bekamen die Genossen von den Linken. Elisabeth Kula bezog sich auf eine Forsa-Umfrage, nach der zwei Drittel der Quereinsteiger vollkommen unvorbereitet in den Unterricht geschickt würden. Die schulpolitische Sprecherin warf dem Kultusministerium vor, den tatsächlichen Umfang des Lehrermangels zu verschleiern. In den vergangenen 20 Jahren hätten die CDU-geführten Regierungen in Hessen 11.000 neue Lehrerstellen geschaffen, obwohl 80.000 junge Menschen weniger die Schulbank drücken, entgegnete Armin Schwarz (CDU) und führte aus, dass im Etat für das kommende Jahr weitere 900 Stellen vorgesehen seien. „Kein anderes Bundesland gibt für die Bildung pro Kopf so viel Geld aus wie wir. Wir brauchen uns nicht zu verstecken“, sagte Schwarz.
Zusätzliche Ausbildungen und mehr Personal
Das sah Moritz Promny von der FDP ganz anders. „Unsere Schüler werden zunehmend von Quereinsteigern ohne pädagogischen Hintergrund unterrichtet“, monierte auch er und forderte eine pädagogische Ausbildung für alle Quereinsteiger und eine einhundertfünfprozentige Lehrerversorgung, weil nur so gewährleistet werden könne, das ausreichend qualifizierte Lehrer an den Schulen unterrichten. Für die Grünen antwortete Daniel May: „Wir nehmen die Situation an unseren Schulen sehr ernst. Schon vor drei Jahren haben wir damit begonnen, zusätzliche Ausbildungsmöglichkeiten zu schaffen.“
Es dauere nun einmal sieben Jahre, bis ein Grundschullehrer ausgebildet ist, sagte Kultusminister Lorz, als er sich in die lebhafte Diskussion einschaltete. Er wisse, dass die Lage auf dem Lehrarbeitsmarkt angespannt sei und das werde auch noch ein paar Jahre so bleiben. Neben der gestiegenen Geburtenrate habe auch die Zuwanderung aus dem Ausland für mehr Bedarf gesorgt. Seit 2016 seien rund 80.000 Kinder und Jugendliche von Flüchtlingen und EU-Ausländern in das hessische Schulsystem integriert worden. „Wir steuern gegen“, sagte Lorz und erinnerte daran, dass die Lehrer, die 2016 ein Studium begonnen hätten, erst 2023 in den Klassen ankommen werden. Dann werde es eine Entspannung der Situation geben.