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Wiedereröffnung : Im Sommer geht das Filmforum wandern

Sabine Imhof, neue Leiterin des Filmforums Höchst, kann sich endlich wieder im Herzen des Kinos aufhalten. Bild: Wonge Bergmann

Sabine Imhof will die Stärken des Filmforums Höchst bewahren und behutsam in die Zukunft führen – auch digital. Das Vorführen von Filmen hat Imhof in Frankfurt von der Pike auf gelernt.

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          Ich fange gerade an, digital zu werden“, sagt Sabine Imhof. Natürlich digitalisiert sie nicht sich persönlich, sondern ihren Wirkungskreis. Imhof hat die Nachfolge von Klaus-Peter Roth angetreten und leitet seit einigen Monaten das Filmforum Höchst – ein kurioser Amtsantritt in einem geschlossenen Kino. Wenn alles klappt, kann das kommunale Kino im Frankfurter Westen, das von der Volkshochschule getragen wird, am 1. Juli wie die meisten anderen Filmtheater wieder öffnen. Begonnen werden soll mit einem Feuerwerk an Fassbinder-Filmen, passend zu Oskar Roehlers „Enfant terrible“, der nach seinem Erscheinen im vergangenen Jahr noch kaum hatte gezeigt werden können.

          Eva-Maria Magel
          Leitende Kulturredakteurin Rhein-Main-Zeitung.

          Für Imhof wird es dann das erste Mal sein, dass sie als Chefin den Saal im Haus des Neuen Theaters Höchst aufschließen kann. Als Mitglied des Teams jedoch tut sie das schon seit guten 13 Jahren.

          Denn seit Jahrzehnten gilt im Filmforum Höchst das Prinzip eines Mitbestimmungsmodells nach Art der Artusrunde: Etwa zwölf Teammitglieder und Honorarkräfte, von Studenten bis Filmprofis und Liebhabern, schlagen Filme vor, diskutieren, was gezeigt wird, und verteilen die Dienste im Kino und im Vorführraum. Primus, jetzt Prima inter Pares ist die festangestellte Kinoleitung.

          Neuer Lebensabschnitt

          Für Imhof ist die neue Position an vertrautem Ort auch ein neuer Lebensabschnitt: Stets hat sie selbständig in verschiedenen Kulturprojekten gearbeitet, viel mit Film, Onlineauftritten und Kulturpädagogik – weshalb ihr für das Filmforum auch ein Ausbau des Kinder- und Jugendprogramms am Herzen liegt.

          Sie selbst ist in jungen Jahren zum Fan von Film noir und Mabuse-Filmen geworden – nicht sie sei zum Film gekommen, sondern er zu ihr, sagt sie lächelnd. 1973 in Gelnhausen geboren, hat sie aber erst einmal das stehende Bild bevorzugt: Erst nach einer Ausbildung zur Fotografin begann sie in Mainz zu studieren – Filmwissenschaft, Ethnologie, Philosophie.

          Gutes Rüstzeug für eine breite Beschäftigung mit Film und Kunst – dazu blieb die Fotografie, unter anderem hat sie oft die Projekte des Deutschen Filminstituts fotografisch begleitet. Das ein oder andere will sie weiter als Fotografin betreuen – und dazu wächst ihre Sammlung von „kleinen Kuriositäten, die auf der Straße zu finden sind“, wie sie ihr privates Fotoprojekt nennt.

          Das Filmvorführen wiederum hat sie in Frankfurt von der Pike auf gelernt, im Berger Kino, im Orfeos Erben, in der Harmonie. Dann sei sie in Höchst „gelandet“, sagt Imhof – dort konnte sie ihre Expertise in der Vorführkabine und in der Filmwissenschaft zusammenbringen. An dem, was in Jahrzehnten gewachsen ist, will die neue Leiterin nichts Wesentliches ändern, eher ergänzen und verstärken. In den Stadtteil zu wirken ist ihr wichtig.

          Dennoch ist schon jetzt vieles neu und anders im Filmforum Höchst. Denn die Digitalisierung hat Imhof im vergangenen Herbst erst einmal mit dem Ausbau der Präsenz in den sozialen Medien begonnen, einen Newsletter etabliert sie auch gerade. Die größte Neuerung aber ist ein regelrechtes Digitalprogramm: Mit Mitteln der hessischen Filmförderung konnte auch das Filmforum zu den Cinemalovers stoßen, einer digitalen Plattform, die Streamingangebote von und mit Programmkinos bietet.

          Duette bilden

          Imhof sieht das Angebot auf filmforum-hoechst.cinemalovers.de nicht nur als Überbrückung: „Ich finde es spannend, auch für das reguläre Programm eine Erweiterung zu schaffen“, sagt sie. Typisch für die Programmierung im Filmforum sei es ohnehin, etwa einen älteren, themenverwandten Film zu einem aktuellen zu spielen, „Duette“ zu bilden, wie Imhof sagt.

          Auf der digitalen Plattform könne das erweitert werden, mit Interviews, Dokumentarmaterial, Filmgesprächen etwa. Gerade die Erweiterung auf andere Genres liegt Imhof, die neben ihrer Tätigkeit im Filmforum als Tanzperformerin mit einer eigenen Gruppe aktiv ist und sich auch mit bildender Kunst befasst.

          Ein Probejahr will Imhof dem digitalen Angebot geben, wenn der analoge Betrieb wieder beginnt, gewissermaßen als zusätzlichen Kinosaal. Einen weiteren, an der frischen Luft, eröffnet das Filmforum am 9. und 10. Juli in Bergen-Enkheim zusammen mit der dortigen Nachbarschaftsinitiative. Als Teil des hessischen „Sommerwanderkinos“ und mit einem Filmangebot, das, so verspricht Imhof, politisch engagiert und unterhaltsam zugleich werden soll.

          Kinos öffnen und bieten Open-Air

          Zum 1. Juli können die Filmtheater in Deutschland voraussichtlich wieder spielen, zahlreiche, wenn auch nicht alle Kinobetreiber der Region werden ebenfalls öffnen. Mit Mitteln aus dem Förderprogramm „Ins Freie!“ vernetzt das Film- und Kinobüro Hessen Kinos, Filminitiativen und Gemeinden in Hessen für Open-Air-Vorstellungen als „Sommerwanderkino“. Den Anfang in Frankfurt macht das „ada_hinterhof_kino“, bei dem Kinothek Asta Nielsen, Offenes Haus der Kulturen, das Kino Orfeos Erben und die Ada Kantine auf dem Campus Bockenheim jeweils donnerstags Filme zeigen. Bis Ende September sind rund 500 Vorstellungen, auch in kleineren Orten, geplant. Unter film-hessen.de/sommerwanderkino2021 soll nach und nach das gesamte Programm veröffentlicht werden. emm.

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