Harfenistin Bertrand : Musik mit Hand und Fuß
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Vom Élysée-Palast an den Dornbusch: Anne-Sophie Bertrand ist seit dem Jahr 2000 Harfenistin beim Hessischen Rundfunk in Frankfurt. Bild: Wonge Bergmann
Anne-Sophie Bertrand, Harfenistin des hr-Sinfonieorchesters, gibt mit ihrer neuen CD Einblicke in eine faszinierende Klangwelt. Es sei oft gerade die Kunst, das Schwierige leicht wirken zu lassen, sagt sie.
Wer die unlängst erschienene CD von Anne-Sophie Bertrand zum ersten Mal hört, den ziehen die fein perlenden „Wasserspiele“ von Claude Debussy gleich so tief in die Welt der Harfenklänge hinein, dass es für die Gesamtspielzeit von 75 Minuten kein Entrinnen mehr gibt. Zwei Jahre lang hat die bekannte Harfenistin des hr-Sinfonieorchesters allein an ihrem Arrangement des ursprünglich für Klavier gesetzten, knapp sieben Minuten dauernden Stücks „Jeux d’eau“ gearbeitet. Dass man das Ergebnis nun für eine Originalkomposition halten könnte und dabei von den horrenden spieltechnischen Schwierigkeiten nichts ahnt, freut die gebürtige Pariserin besonders. Es sei oft gerade die Kunst, das Schwierige leicht wirken zu lassen, sagt sie lächelnd.
Was wohl selbst manchem Kenner dabei gar nicht klar ist: Die Schwierigkeiten liegen keineswegs nur in den Fingern, sondern vor allem auch in den damit koordinierten Bewegungen der Füße. „Das wissen viele nicht“, ist sich Bertrand sicher. Wenn sie im Orchester sitzt, sieht schließlich kaum jemand, wie ihre Füße auf den sieben Pedalen an der Hinterseite der mannshohen, bis zu 42 Kilogramm schweren Harfe herumtanzen und unentwegt die Tonhöhen der gespannten Saiten verändern.
Mittels einer ausgeklügelten Mechanik lassen sich so alle Töne gleichen Namens über alle Lagen hinweg einen oder zwei Halbtöne heraufstimmen: Beispielsweise wird so aus Ces erst C und dann Cis. Pro Oktave sind an der Harfe nämlich nur sieben Saiten vorhanden, vergleichbar den weißen Tasten am Klavier, wobei an der Harfe die Grundstimmung Ces-Dur ist. Alle Veränderungen dieser Stammtöne müssen mittels der Pedale oft erst Sekundenbruchteile vor dem Zupfen der Saiten hergestellt werden. „In der Debussy-Transkription kommt es vor, dass ich innerhalb eines Taktes sieben Pedalwechsel habe“, erläutert Bertrand.
Französische Erfindung
An den ursprünglichen Harfen fand sich diese Möglichkeit zur chromatischen Tonverschiebung natürlich noch nicht. Die beschriebene Doppelpedalharfe, die sich als Standardinstrument im Orchester durchgesetzt hat und bei der jedes der sieben Pedale zweistufig verstellbar ist (deshalb „Doppelpedal“), ist vielmehr erst eine Erfindung des französischen Klavier- und Harfenbauers Sébastien Érard von 1810.
Auch die spätere „Harpe chromatique“, die das konkurrierende Pariser Musikhaus Pleyel mit überkreuz liegenden Saiten entwickelte, konnte sich demgegenüber nicht durchsetzen. „Sie ist sehr kompliziert zu spielen, man stößt oft an andere Saiten an, und es schwingen zu viele Saiten mit“, erläutert Anne-Sophie Bertrand. Debussy, der im Auftrag von Pleyel 1904 seine „Danse sacrée et danse profane“ komponierte, sei im Grunde wenig angetan gewesen von dem neuen Instrument.