40 Jahre English Theatre : Solch ein Theater
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Rosenbauer legte als Prinzipalin des Theaters aber nicht nur dessen Namen fest, sondern baute es über die Jahre mit Charme, Beharrlichkeit und viel Überzeugungskraft zu einer Marke im Frankfurter Kulturleben auf. Mitte der Achtziger traf sie außerdem die wichtige Entscheidung, sich vom Repertoire-Theater zu verabschieden und stattdessen Stücke en suite zu spielen. Deren Besetzung wurde fortan in Großbritannien gecastet, was bis heute so gehandhabt wird. Der Publikumszuspruch stieg, und irgendwann waren die Räumlichkeiten in der Hamburger Allee zu klein, was für das Theater schließlich den nächsten Umzug bedeutete. An der Kaiserstraße waren passende Räumlichkeiten gefunden und von der Stadt Frankfurt zu abenteuerlich erscheinenden Konditionen angemietet worden. Im Haus Nummer 52 hatten nun bis zu 230 Besucher pro Abend Platz, denen Spielzeit für Spielzeit ein buntes Programm mit Musicals, Komödien und Dramen geboten wurde.
2001 musste das Haus Insolvenz anmelden
So hätte es als Fixpunkt im Frankfurter Gesellschaftsleben und von Sponsoren unterstützt immer weitergehen können, doch sah die Dramaturgie für das English Theatre scheinbar unvermittelt eine tragische Wendung vor. Tatsächlich hatte das Kostenmanagement nicht mehr funktioniert, und das Haus musste im Dezember des Jahres 2001 Insolvenz anmelden. Rosenbauer war wenige Wochen zuvor von der Leitung zurückgetreten.
Ihr Nachfolger wurde der gebürtige Eschborner Daniel John Nicolai, der seit 2002 für die Geschicke der Institution verantwortlich ist, die zu ihrem faktischen Neubeginn als gemeinnützige GmbH auch ihren heutigen Namen erhielt: The English Theatre Frankfurt. Der Umbenennung folgte, durchaus nicht unpassend, alsbald ein weiterer Umzug. Im Untergeschoss des von der Dresdner Bank an der Gallusanlage errichteteten Hochhauses „Galileo“ war eigens ein neues Theater eingebaut worden. Es bietet 300 Plätze, womit das English Theatre sich seit seinem Umzug im Jahr 2003 als das größte englischsprachige Theater auf dem europäischen Festland bezeichnen kann.
Dort sind seither im Schnitt fünf selbst produzierte Bühnenwerke je Spielzeit zu sehen. Darunter ist immer ein Musical, das jeweils zur Weihnachtszeit und zum Jahreswechsel aufgeführt wird und von entscheidender Bedeutung für die Finanzierung des Theaters ist. Das wird zwar von den Städten Frankfurt und Eschborn gefördert und von etlichen Sponsoren unterstützt, bestreitet seinen Etat aber auch zu einem gewichtigen Teil aus dem Ticketverkauf. Erweist sich da eine Produktion nicht als der erhoffte Publikumsmagnet, werden die Bretter, die die Welt bedeuten, schnell morsch, wie das English Theatre vor drei Jahren erfuhr, als die Stadt Eschborn vorübergehend ihre Förderung aussetzen musste. Davon ist heute keine Rede mehr und sogar im Gespräch, dass das Theater in Frankfurts Nachbarstadt eine zweite Bühne erhalten könnte.
Flirt mit dem Wahnsinn
In der Jubiläumsspielzeit gibt es vier neue Theaterstücke und zwei Musicals zu sehen:
One Flew Over The Cuckoo’s Nest
Dale Wasserman hat Ken Keseys Kultroman „Einer flog über das Kuckucksnest“ für die Bühne adaptiert. Hier wie da und wie in der berühmten Verfilmung mit Jack Nicholson ist der Kampf des vorbestraften Schlitzohrs McMurphy gegen die Krankenschwester Ratched zu beobachten, die in einer psychiatrischen Anstalt ein strenges Regiment führt.
Vom 30. August bis 19. Oktober 2019
Sweeney Todd: The Demon Barber of Fleet Street
Der Musical-Thriller mit der Musik von Stephen Sondheim erzählt die Geschichte des Friseurs Benjamin Baker, der im viktorianischen England nach 15 Jahren des Exils unter neuer Identität als Sweeney Todd nach London zurückkehrt, um sich an dem korrupten Richter Turpin zu rächen, der einst Bakers Leben ruinierte. Eine Komplizin findet er in Mrs. Lovett, der Betreiberin eines Cafés, mit der er einen so morbiden wie köstlichen Plan entwickelt.
Vom 2. November 2019 bis 9. Februar 2020
The Effect
Lucy Prebbles Stück beschäftigt sich mit der Frage, ob Liebe in einer zunehmend zynischen Welt mehr als ein chemisches Signal im Gehirn ist. Conny und Tristan nehmen freiwillig an einer Medikamentenstudie teil und fragen sich, ob ihre Faszination füreinander auf wahren Gefühlen basiert oder doch nur eine Nebenwirkung des verabreichten Antidepressivums ist.
Vom 21. Februar bis 22. März 2020
Secret Life of Humans
Die Evolution und das Wesen der menschlichen Natur wird in diesem Mystery-Drama von David Byrne verhandelt, in dem ein junges Paar die Forschungsergebnisse eines berühmten Naturwissenschaftlers unter die Lupe nimmt und dabei unwissentlich die Büchse der Pandora seiner Familiengeschichte öffnet.
Vom 3. April bis 3. Mai 2020
American Son
In Christopher Demos-Browns Tragödie verschwindet Jamal, 18 Jahre alter Sohn einer Psychologin und eines FBI-Agenten. Die Suche nach ihm entwickelt sich zu einem Rassendrama.
Vom 15. Mai bis 13. Juni 2020
Shockheaded Peter
Der Drama Club zeigt die von Heinrich Hoffmanns „Struwwelpeter“ inspirierte „Junk Opera“ mit der Musik der Tiger Lillies.
Vom 20. Juni bis 6. Juli 2020