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Antisemitismus im Sport : Hakenkreuze auf dem Fußballplatz

Gemeinsam für Integration, Inklusion und den Kampf gegen Antisemitismus und Rassismus: Tus Makkabi Bild: Rainer Wohlfahrt

Was können Vereine und Betroffene gegen Judenhass im Sport tun? Die Konferenz „Antisemitismus im Sport“ will Antworten liefern und zeigen, dass Rassismus auf dem Fußballplatz kein seltenes Phänomen ist.

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          Egal, von wem er ausgehe und was er für Gründe habe, Antisemitismus dürfe niemals akzeptiert werden. Mit diesen Worten hat der hessische Sozial- und Integrationsminister Kai Klose (Die Grünen) gestern eine Konferenz im Haus des Deutschen Olympischen Sportbundes eröffnet. Es ging um Antisemitismus im Sport und um die Frage, was Vereine und Betroffene dagegen tun könnten.Veranstalter waren das Integrationsministerium, die Bildungsstätte Anne Frank und der Sportverein Makkabi.

          Anna-Lena Niemann
          Redakteurin im Ressort „Technik und Motor“.

          Der Andrang zeigte, dass das Thema viele interessiert. Die Stühle reichten nicht aus, es waren deutlich mehr Leute gekommen, als die Organisatoren erwartet hatten. Dass Antisemitismus im Sport kein seltenes Phänomen ist, machten die vielen vorgetragenen Beispiele klar, vor allem aus dem Alltag der kleinen Vereine. Nach Ansicht von Meron Mendel, dem Leiter der Bildungsstätte Anne Frank, sind zwar alle Sportarten betroffen. Weil aber Fußball die verbreitetste Disziplin sei, spiegele er in gewisser Weise immer auch die gesamte Gesellschaft wider.

          Judenfeindlichkeit persönlich erlebt

          Vor einigen Jahren war der israelische Spieler Itay Shechter, damals beim 1. FC Kaiserslautern unter Vertrag, von den eigenen Klub-Anhängern antisemitisch beschimpft worden. Noch heute singen Fans von einer U-Bahn, die vom Stadion des Gegners nach Auschwitz fährt. Auch Alon Meyer, Präsident des deutsch-jüdischen Vereins Makkabi, und der frühere Grünen-Politiker Daniel Cohn-Bendit haben Judenfeindlichkeit persönlich erlebt. Beim Frankfurter Amateurverein FC Gudesding, den Cohn-Bendit 2012 mit begründet hat, sei der Platz einmal mit Hakenkreuzen beschmiert worden. Und auch bei Spielen des Vereins Makkabi, der etwa ein Drittel jüdische Mitglieder hat, habe die Zahl antisemitischer Vorfälle seit etwa zwei Jahren wieder zugenommen, sagte Meyer.

          Cohn-Bendit macht dafür auch die Gruppendynamik im Stadion und unter den Fans verantwortlich. Massenbewegungen bergen stets die Gefahr, dass zivilisatorische Schranken fallen, wie er sagt. Das dürfe nicht als Verharmlosung verstanden werden. Wenn es zu antisemitischen Vorfällen komme, müssten harte Sanktionen folgen. Sei es, dass ein Spieler aus seinem Amateurverein ausgeschlossen werde oder ein ganzer Staat von einem Turnier. Das sagte Cohn-Bendit mit Blick auf Iran, das seinen Athleten immer wieder verbiete, gegen Israelis anzutreten, und auf Malaysia, das Israelis die Einreise zur paralympischen Schwimm-Weltmeisterschaft habe verweigern wollen.

          Hier seien die großen Verbände gefordert, ergänzte Meyer. Doch Sanktionen seien, gerade an der Basis, ein heikles Mittel. Oft verfestige sich dadurch das Vorurteil, Juden seien elitäre Strippenzieher. Solchen Vorfällen keine Beachtung schenken gehe aber auch nicht. „Die, die nach vorne gehen und rufen, die wissen ganz genau, was sie tun“, sagte Meyer. Den historischen Kontext ihrer Äußerungen verstünden gerade Jugendliche dagegen häufig nicht. Mit Gesprächen und gegenseitigen Besuchen schon vor den sogenannten Risikospielen wolle man Prävention leisten. Im Sport seien junge Menschen so gut wie nirgendwo sonst zu erreichen – das könne man sich bei der Bekämpfung von Judenfeindlichkeit zunutze machen.

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