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Flüchtlingspolitik : Kommunen sind an der Grenze der Belastung

Improvisiert: Wegen Platzmangels müssen manche Kreise Flüchtlinge in Sporthallen unterbringen. Bild: dpa

Landräte aus dem Rhein-Main-Gebiet weisen auf die hohe Belastung durch Flüchtlinge hin. Ihre Brandbriefe werden allerdings kaum Folgen zeitigen.

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          Jede Diskussion um das Asylrecht ist rasch so aufgeladen, dass eine sachliche Auseinandersetzung unmöglich wird. Das zeigte sich dieser Tage im Landtag, als Ministerpräsident Boris Rhein (CDU) für seinen Satz, es bedürfe einer „Rückführungsoffensive“ von Flüchtlingen, so lange gescholten wurde, bis ihm der Innenminister zur Seite sprang mit dem Hinweis, dass sich genau dies, die Ankündigung einer Rückführungsoffensive eben, im Koalitionsvertrag von SPD, Grünen und FDP im Bundestag finde.

          Warum Abschiebungen trotzdem selten sind, wie sich das uneinheitliche und von Widersprüchen durchgezogene Asyl- und Ausländerrecht sinnvoll reformieren ließe – dies alles lässt sich in der aufgeheizten Stimmung kaum bereden. Die Leidtragenden sind die Kommunen, die nicht berufen sind, über grundsätzliche Fragen der Zuwanderung zu entscheiden, wohl aber eine undurchdachte Politik ausbaden müssen.

          Die Brandbriefe häufen sich; zuletzt hat der Landrat des Kreises Bergstraße, Christian Engelhardt (CDU), wissen lassen, „der ungesteuerte Zuzug von Flüchtlingen muss gestoppt werden“, vor allem die Einwanderung in die Sozialsysteme sei ein Problem, und die Spitzen des Main-Taunus-Kreises appellierten an Bundeskanzler und Ministerpräsident, „steuern und begrenzen Sie den Zuzug aktiv“. Das Schreiben ist nicht nur von Landrat Michael Cyriax (CDU) unterzeichnet, sondern unter anderen auch vom Ersten Kreisbeigeordneten Madlen Overdick (Die Grünen) und dem Kreisbeigeordneten Johannes Baron (FDP) sowie allen Bürgermeistern.

          Die Forderungen zeigen den Ernst der Lage; die Kommunen sind an der Grenze der Belastung. Doch es sind Briefe, die kaum eine Reaktion auslösen werden, die über die eine oder andere Finanzspritze hinausgehen wird. Größer als die Sorge über den eventuellen Flurschaden einer offenen Debatte um die Zuwanderung ist höheren Ortes das Vertrauen in die Städte, Kreise und Gemeinden, mit den Flüchtlingszahlen schon irgendwie zurechtzukommen. Wahrscheinlich gelingt dies auch, weil das Organisationstalent auf kommunaler Ebene sprichwörtlich ist.

          Es wäre aber gut, genauer hinzuhören, was man auf der untersten der staatlichen Ebenen über das Handeln oder in diesem Fall eher Nicht-Handeln der obersten denkt.

          Manfred Köhler
          Ressortleiter der Rhein-Main-Redaktion der Frankfurter Allgemeinen Zeitung.

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