Kommunalwahl : Ausländer wählen ihre Vertretung
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Soll sich positiv auf die Wahlbeteiligung auswirken: Die Wahl der Ausländerbeiräte wird mit der Kommunalwahl zusammengelegt (Symbolbild). Bild: dpa
Ausländerbeiräte sollen die politische Teilhabe von Bürgern, die nicht aus der EU kommen, ermöglichen. Ein Angebot, das bisher nicht in allen Städten und Gemeinden Hessens genutzt wurde.
Sorour Deghani will der Gesellschaft etwas zurückgeben. Sie will sich engagieren, mitgestalten, will vermitteln. Die 43 Jahre alte Erzieherin und Mutter von zwei Kindern hat sich zur Wahl gestellt. Sie hofft, in den Ausländerbeirat der Stadt Maintal gewählt zu werden. In den vergangenen Monaten ist sie deshalb auf Stimmenfang gegangen. Selten persönlich, oft per Whatsapp. Sie hat Flyer verteilt und politische Aufklärungsarbeit betrieben. Denn viele Ausländer wissen ihrer Erfahrung nach nicht, dass auch sie politisch Einfluss nehmen dürfen.
Die Pandemie und die geltenden Corona-Kontaktbeschränkungen haben es nach ihren Worten erschwert, mit den Menschen in Kontakt zu treten. Ihre Motivation konnte der Lockdown ihr und den anderen Mitgliedern der „Internationalen Liste Maintal“ nicht nehmen.
Viel wichtiger, als selbst als Vertreterin des Ausländerbeirats gewählt zu werden, sei es ihr, den ausländischen Mitbürgern zu vermitteln, wie wichtig es ist, die Chance zu nutzen, das Leben vor Ort mitzugestalten. Wer keinen EU-Pass besitzt, der darf bei der Kommunalwahl nicht abstimmen, wohl aber den Ausländerbeirat wählen. „Unsere Liste spricht nicht die Menschen einer bestimmten Religion an. Wir wenden uns an alle. Egal welche Sprache sie sprechen oder aus welchem Land sie stammen“, sagt Deghani.
Foraci: „Die Pandemie hat das Interesse nicht geschmälert“
Wie in Maintal haben sich in vielen hessischen Städten und Landkreisen ganz neue Listen aufgestellt. Der Wille, mitzugestalten, scheint gewachsen, wie Ulrike Foraci, Geschäftsführerin des Landesausländerbeirats Hessen, sagt. „Die Pandemie hat das Interesse nicht geschmälert.“
Besonders in den großen Städten sei eine neue Dynamik zu beobachten. „Frankfurt schießt den Vogel ab“, sagt Foraci. 713 Kandidaten haben sich auf 47 Listen aufstellen lassen. Es geht um 37 Plätze im Ausländerbeirat. „Für jeden Sitz kandidieren also 25 Leute.“
Ausländerbeiräte sollen die politische Teilhabe von Bürgern, die nicht aus der Europäischen Union kommen, in ihren jeweiligen Kommunen ermöglichen. Ein Angebot, das in der Vergangenheit nicht in allen Städten und Gemeinden genutzt wurde. Hessenweit lag die Beteiligung bei der Wahl im Jahr 2015 bei knapp mehr als sechs Prozent. Viele Städte und Gemeinde konnten keinen Ausländerbeirat stellen. Auch deshalb ist im vergangenen Jahr ein neues Gesetz auf den Weg gebracht worden, das helfen soll, die politische Teilhabe von Ausländern zu fördern.
Städte oder Kommunen, in denen mehr als 1000 ausländische Einwohner gemeldet sind, werden verpflichtet, für eine politische Vertretung der Interessen der Ausländer zu sorgen. Das soll im Idealfall durch die Wahl des Ausländerbeirats geschehen. Kommt dieser nicht zustande, muss eine Integrationskommission eingesetzt werden. Diese wird von der Stadt oder der Gemeinde benannt. Weil Kritiker befürchteten, dass manche Städte sich von vornherein für die Integrationskommission und gegen echte Wahlmöglichkeiten entscheiden, war die Reform in die Kritik geraten.
Der Kontakt zur Basis geht verloren
Schon jetzt steht fest: Von den 173 hessischen Städten und Gemeinden, in denen mehr als 1000 ausländische Einwohner gemeldet sind, werden auch nach der Wahl die politischen Interessen in 87 Städten und Gemeinden lediglich durch eine Integrationskommission vertreten. Entweder weil es zu wenige Kandidaten gibt, oder weil die Städte und Gemeinden sich aktiv für dieses Modell entschieden haben. „Maximal die Hälfte der Mitglieder der Kommission sind Ausländer. Da geht der Kontakt zur Basis verloren“, kritisiert Foraci. In 21 Städten und Gemeinden wird hingegen erstmals seit 2015 wieder ein Ausländerbeirat gewählt.
Dass die Wahl der Ausländerbeiräte mit der Kommunalwahl zusammengelegt wird, soll sich positiv auf die Wahlbeteiligung auswirken. Ob der Plan aufgeht, muss sich allerdings erst noch zeigen. Bisher sei es oft so gewesen, dass es in den Städten und Gemeinden nur ein Wahllokal gegeben habe, erinnert sich Foraci. Viele Wähler mussten weite Strecken in Kauf nehmen, um ihre Unterlagen abzugeben. Das wird am Sonntag, wenn viele Wahllokale für die Stimmabgabe der Kommunalwahl geöffnet haben, anders sein. Schon jetzt steht fest, dass die Zahl derer, die ihre Unterlagen per Briefwahl angefordert haben, gestiegen ist. Allein in Frankfurt haben nach Angaben der Stadt etwa 25.300 Menschen einen Wahlschein beantragt, 2015 waren es 9300.