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Helmut Schwan (hs.)

Kommentar : Blockupy, die zweite

  • -Aktualisiert am

Die Blockupy-Organisatoren haben es selbst in der Hand, vor einem zweiten Anlauf für Entspannung bei den Behörden zu sorgen. Sie müssen sich vor allem deutlicher gegen Steinewerfer und den schwarzen Block abgrenzen.

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          Blockupy - das stand im Mai für ein fast hermetisch abgeriegeltes Frankfurter Bankenviertel, für Tausende Polizisten und, angesichts geballter Staatsmacht, für frustrierte Demonstranten. Und kaum für den Anlass der Kundgebungen, die Banken anzuprangern, die in den Augen der Initiatoren die Schuldenkrise in Europa und deren soziale Folgen zu verantworten haben.

          Gemessen an den Ängsten, die sich nach teils martialischen Ankündigungen und nach den Ausschreitungen linker Autonomer während eines Protestzuges einige Wochen zuvor aufgebaut hatten, war Blockupy fast schon zivilisiert verlaufen. Glücklich konnte dennoch niemand sein über diese vier Tage im Mai. Im kommenden Jahr soll es eine zweite Auflage geben. Wenn sie einen Sinn haben soll, dann muss das Bündnis aus kapitalismuskritischen Gruppen zeigen, dass es Lehren aus Frankfurt 2012 gezogen hat. Zum Beispiel jene, dass sich Grundsätze des Rechtsstaates - und sei es für ein vermeintlich noch so hehres Anliegen - nicht schlichtweg außer Kraft setzen lassen. Die zentrale Absicht, die sich im ersten Teil des Namens der Bewegung widerspiegelt, die Arbeit der Finanzbranche für mehrere Tage lahmzulegen, ist nun einmal nicht vom Grundrecht auf Versammlungsfreiheit gedeckt. So entschied auch die Justiz bis hoch nach Karlsruhe knapp und strikt.

          Deutlicher gegen Steinewerfer vorgehen

          Die Stadt und das Innenministerium müssen ihrerseits überlegen, ob sie mit dem Verbot aller Kundgebungen und der enormen Polizeipräsenz nicht überreagiert hatten. Die einzig erlaubte, überaus friedliche Großdemonstration am Ende lieferte für das Bündnis bis heute den schlagenden Beweis, ihm sei Unrecht geschehen.

          Die Organisatoren haben es selbst in der Hand, vor einem zweiten Anlauf für Entspannung bei den Behörden zu sorgen. Sie müssen sich vor allem deutlicher gegen Steinewerfer und den schwarzen Block abgrenzen. Ob sie es freilich schaffen werden, wieder Zehntausende zu mobilisieren, nachdem die anfangs überzeugende Occupy-Bewegung, ihr zweiter Namensgeber, sich allmählich auflöst, bleibt abzuwarten. Die Botschaft, die das bewirken soll, ist nach dem „Bewegungsratschlag“ am Wochenende in Frankfurt nicht zu erkennen. Viel haben die Aktivisten stattdessen darüber geredet, wie die Behörden durch ihre Verbote die Demokratie in Gefahr gebracht hätten. Frankfurt, die Stadt der Paulskirche, wird im nächsten Jahr zeigen können, wie souverän sie mit solchen Anwürfen umzugehen versteht.

          Helmut Schwan
          Freier Autor in der Rhein-Main-Zeitung.

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