https://www.faz.net/aktuell/rhein-main/klimaneutrales-wiesbaden-bis-2035-ziel-sei-nicht-zu-halten-18629772.html

Wärmewende : Erdgas ohne Zukunft

  • -Aktualisiert am

Ob in 20 Jahren alle Wiesbadener zum Beispiel mit Fernwärme heizen, ist fraglich. (Symboldbild) Bild: dpa

Das von der Kooperation im Rathaus vereinbarte Ziel, Wiesbaden solle bis 2035 eine klimaneutrale Großstadt sein, ist nicht zu halten. Selbst das Jahr 2045 dürfte eine Herausforderung sein.

          1 Min.

          Ob die fast 1000 Kilometer Wiesbadener Erdgasleitungen in gut 20 Jahren tatsächlich auf dem Müll landen, weil nahezu alle Bürger mit Ökostrom, grünem Wasserstoff oder Fernwärme heizen, darf bezweifelt werden. Das von der Kooperation im Rathaus vereinbarte Ziel, Wiesbaden solle bis 2035 eine klimaneutrale Großstadt sein, ist ohnehin nicht zu halten. Es mag als Ansporn dienen, doch die Experten fokussieren sich auf das vom Bund vorgegebene Jahr 2045. Selbst dieses Datum wird kaum zu halten sein, wenn es beim bisherigen Tempo bleibt. Der Ausbau der Fernwärme müsste in einem Tempo forciert werden, das kaum vorstellbar scheint.

          Wer schon die Baustellen für die Citybahn in Wiesbaden fürchtete, dem muss bei der notwendigen Verlegung von jährlich etlichen Kilometern neuer Fernwärmeleitungen angst und bange werden. Bei ihren eigenen Immobilien kann die Stadt zwar mit gutem Beispiel vorangehen, wenn es um mehr Klimaschutz durch einen geringeren Ausstoß von Treibhausgasen geht. Doch die FDP hat recht, wenn sie leise Zweifel anmeldet, ob sich die Stadt angesichts ihrer sich verdüsternden Haushaltslage alles wird leisten können, was wünschenswert ist.

          Mit Millionenbeträgen eine energetische Sanierung der 13.000 Wohnungen durchzusetzen, die im städtischen Besitz sind, wird kaum möglich sein. Es war im Umweltausschuss bezeichnend, dass diese Forderung des Klimaschutzbeirates kein Politiker aufgriff. Entscheidend ist es, private Immobilienbesitzer zu überzeugen, Geld für die Sanierung der eigenen vier Wände in die Hand zu nehmen.

          Viele Senioren, die im abbezahlten Häuschen mit geringer Rente sitzen, werden sich das kaum leisten können. Ohne finanziellen „Klima-Wumms“ des Bundes werden die kommunalen Ziele bestimmt verfehlt. Gar nicht zu reden von der Frage, ob es genügend Fachkräfte geben wird, um eine politisch verordnete und hoch subventionierte Sanierungsoffensive zu verwirklichen.

          Oliver Bock
          Korrespondent der Rhein-Main-Zeitung für den Rheingau-Taunus-Kreis und für Wiesbaden.

          Weitere Themen

          Der Konjunktur sei Dank

          Frankfurter Haushalt : Der Konjunktur sei Dank

          Das Minus des Haushalts, den der Frankfurter Kämmerer den Stadtverordneten vorlegt, ist kleiner als erwartet. Dennoch werden sie sich vor allem übers Sparen Gedanken machen müssen.

          Topmeldungen

          Die Minister Christian Lindner (links) und Robert Habeck nach dem Koalitionsausschuss: Was der FDP gefällt, ist für die Grünen schwer zu verkraften.

          Nach der Ampel-Sitzung : Grüner wird's nicht mehr

          Nach der langen Sitzung in Berlin frohlockt die FDP über den Pragmatismus der SPD und lobt den Kanzler. Der dritte Partner im Bunde steht plötzlich allein da.
          Alexej Moskaljow bei einer Gerichtsverhandlung am 27. März in Jefremow

          Repression in Russland : Ein Vater auf der Flucht

          Weil seine Tochter in der Schule ein Bild gegen den Krieg malte, muss ein alleinerziehender Vater in Lagerhaft. Doch er flieht - und erhält nun unerwartet Unterstützung von „Wagner“-Chef Prigoschin.
          Großstreik für höhere Löhne: Am Montag war auch auf den Gleisen vor Frankfurts Bankentürmen wenig los.

          Europäische Zentralbank : Wie Profite die Inflation befeuern

          Pandemie, Ukrainekrieg, Energieschock – das alles trug zur Inflation bei. Aber spielen auch höhere Margen von Unternehmen eine Rolle? Die EZB wagt sich an das Thema.

          Schulmassaker in Tennessee : Was das Sturmgewehr AR-15 anrichten kann

          Die „Washington Post“ zeigt drastisch, welche Wunden das Sturmgewehr AR-15 verursacht. Mit dieser Waffe sind Amokläufer unterwegs, so auch die Attentäterin in Tennessee. Warum visualisiert die „Post“ das jetzt auch noch?

          Newsletter

          Immer auf dem Laufenden Sie haben Post! Die wichtigsten Nachrichten direkt in Ihre Mailbox. Sie können bis zu 5 Newsletter gleichzeitig auswählen Es ist ein Fehler aufgetreten. Bitte versuchen Sie es erneut.
          Vielen Dank für Ihr Interesse an den F.A.Z.-Newslettern. Sie erhalten in wenigen Minuten eine E-Mail, um Ihre Newsletterbestellung zu bestätigen.