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Urteil gegen IS-Rückkehrerin : „Dafür gibt es keine Rechtfertigung“

Das Oberlandesgericht Frankfurt: Der 8. Strafsenat verurteilte Fatiha B. zu zwei Jahren auf Bewährung. Bild: Frank Röth

Das OLG Frankfurt verurteilt eine Mutter von vier Kindern aus Bad Homburg zu zwei Jahren Freiheitsstrafe auf Bewährung. Sie hatte sich zwei islamistischen Terrormilizen angeschlossen und ihr erstes Kind mit zum IS genommen.

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          Die 30 Jahre alte Fatiha B. aus Bad Homburg ist vom Oberlandesgericht wegen Mitgliedschaft in zwei terroristischen Vereinigungen sowie Verletzung der Fürsorge- und Erziehungspflicht zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren auf Bewährung verurteilt worden. Die Richter erlegten der Mutter von vier Kindern außerdem auf, drei Jahre lang ständigen Kontakt zur Bewährungshilfe zu halten und an einem Deradikalisierungsprogramm teilzunehmen.

          Eva Schläfer
          Redakteurin im Ressort „Leben“ der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung.

          Fatiha B. hatte sich 2013, bereits schwanger, mit ihrem Ehemann der Terrormiliz „Jabhat al-Nusra“ angeschlossen. Nachdem das erste Kind in Syrien auf die Welt gekommen war, reisten sie für ein halbes Jahr in die Türkei aus, wohl mit dem Ziel, nach Deutschland zurückzukehren. Da die deutsche Botschaft in Istanbul ihnen jedoch keine Geburtsurkunde für die Tochter ausstellte, kehrten sie nach Syrien zurück und schlossen sich nun dem „Islamischen Staat“ an.

          Von 2016 an war die Familie – die Angeklagte bekam drei weitere Kinder – auf der Flucht vor den Bombenangriffen des Assad-Regimes, bis sie 2019 von kurdischen Kräften festgenommen wurde. Die Mutter und ihre Kinder verbrachten rund drei Jahre in Lagern im Nordosten Syriens, bis die Bundesregierung sie im März 2022 nach Deutschland zurückholte. B. wurde bei ihrer Ankunft am Frankfurter Flughafen festgenommen.

          Mitverantwortung für Tod und Versklavung der Jesiden

          Der Vorsitzende Richter Jürgen Bonk bezog sich zu Beginn der Urteilsverkündung auf Aussagen, die Fatiha B. selbst in dem seit Januar andauernden Prozess getätigt hatte: Sie hoffe, dass die Zeit die Wunden heilen werde und sie die Vergangenheit hinter sich lassen könne. Bonk fragte sie, ob sie sich vorstellen könne, dass eine jesidische Mutter gleichlautende Wünsche habe. Und ob ihr klar sei, dass sie, auch wenn sie in Syrien nur den Haushalt der Familie geführt habe, Mitverantwortung für das Leid der Jesiden trage, die vom IS systematisch getötet und versklavt wurden.

          Dass B. mit ihrer Tochter trotz des zwischenzeitlichen Aufenthalts in der Türkei wieder zurück nach Syrien und zum IS reiste, nannte er eine „verhängnisvolle Entscheidung“. „Dafür gibt es keine Rechtfertigung.“ Sie habe damit das Kind in große Gefahr gebracht. Bonk sagte aber auch, der Senat sehe B.s positive Sozialprognose, die mit den Kindern nun wieder bei der Familie im Taunus lebt. Die Richter berücksichtigten bei der Strafzumessung auch B.s langjährigen Aufenthalt in dem kurdischen Lager. Außerdem habe sie sich von islamistischen Vereinigungen distanziert. Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Die Angeklagte erklärte, auf Rechtsmittel zu verzichten.

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