Wohnturm Praedium : Über den Wolken
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Weltgewandt: Als Chef-Steward fliegt Jürgen Kroetzsch in ferne Länder. Bild: Esra Klein
Jürgen Kroetzsch ist Chef-Steward bei der Lufthansa und ständig über den Wolken. Er liebt den Blick von weit oben und will ihn auch nach Feierabend nicht missen. Bald will er im Europaviertel seine Hochhauswohnung einrichten.
Gestern in Rio, heute in Frankfurt, nächste Woche in Osaka: Für Jürgen Kroetzsch ist das Alltag. Er ist Chef-Steward bei der Lufthansa und deshalb ständig über den Wolken. Der Nachteil: Der Schlafrhythmus geht verloren, Kroetzsch muss mit dem Jetlag leben. Weil er oft ohnehin schwer in den Schlaf findet, ist er in seiner Freizeit kein Frühaufsteher. Wenn er einmal einen Tag frei hat, macht er morgens lieber keine Termine.
Heute ist das anders. Morgens um zehn sitzt Kroetzsch im Café im Europaviertel, die Augen sind noch klein. Dass er dennoch hellwach wirkt, liegt an der Vorfreude. In zwei Jahren zieht der Fünfzigjährige, der jünger wirkt, in seine neue Wohnung. Sie liegt nicht auf Reiseflughöhe, aber doch ein gutes Stück über dem Erdboden. Aus dem neunten Stock des Wohnturms „Praedium“ im Europaviertel wird Kroetzsch künftig den Fernblick genießen. Er war einer der ersten Käufer.
Kroetzsch kennt das „vertikale Wohnen“ aus New York
Mehr als tausend Hochhauswohnungen kommen in den nächsten Jahren in Frankfurt auf den Markt, 245 davon im 60-Meter-Turm „Praedium“, den die Nassauische Heimstätte am neuen Europagarten baut. Im Henninger-Turm entstehen 207 Wohnungen, im „Axis“ 144. Weitere Türme sind geplant: Im „Tower2“, dem mit 160 Metern höchsten Wohnturm Deutschlands, sollen sogar 401 Wohnungen eingerichtet werden, im „Porsche Design Tower“ sind es 160. Die Fachleute sind skeptisch, ob die vielen Wohnungen auch ihre Käufer finden. Denn in den neuen Türmen entstehen keine Sozial-, sondern Luxuswohnungen. Im „Praedium“ kostet der Quadratmeter im Durchschnitt rund 5000 Euro. Für die Penthouse-Wohnungen in den obersten Etagen zahlt man schnell doppelt so viel.
Sind die Türme also nur ein interessantes Investment für Kapitalanleger? Wer zieht dort ein? Wer Jürgen Kroetzsch trifft, der denkt: offenbar auch ganz typische Frankfurter. Für ihn ist das „vertikale Wohnen“ nichts Ungewöhnliches. Kroetzsch kennt die Wohntürme aus anderen Ländern. Fünf Jahre lang hat er in New York im 39. Stock eines Wohnhochhauses gelebt, mitten in Manhattan an der 42. Straße. Aber auch aus Südamerika und Asien ist ihm diese Wohnform vertraut. „Das Turmwohnen ist dort eine ganz normale Sache.“
Besonders freut sich Kroetzsch auf den Concièrge-Service im Erdgeschoss. Der nimmt nicht nur die Post entgegen. Wenn der Terminplan des Schornsteinfegers nicht mit den eigenen Verpflichtungen korrespondiert oder der Techniker den Strom ablesen will, während er selbst durch die Welt fliegt, kann der Concièrge auch die Wohnungstür öffnen. „Der Komfort ist ganz nett. Ich kann den Schlüssel abgeben und habe keine Probleme“, sagt Kroetzsch. Außerdem vermittelt es ihm ein „beruhigendes Gefühl“, dass unten jemand da ist und aufpasst.
Ein bisschen entspricht Kroetzsch dem typischen Hochhaus-Bewohner: Laut einer aktuellen Umfrage zum Thema Wohnhochhäuser in Deutschland sind deren Bewohner in der Regel Alleinstehende mittleren Alters mit eher durchschnittlichem Einkommen. Aber die Studie der Unternehmen Sition Property Marketing und OC&CStrategy Consultants stellt auch fest: Wer frei wählen könnte, der würde eher ins Einfamilienhaus mit Garten ziehen als in ein Wohnhochhaus. Für vier von fünf Befragten ist das Traumhaus kein Turm.
„Frankfurt ist unglaublich attraktiv“
Wer wie Kroetzsch viel Zeit in Hotelbetten verbringt, der bekommt einen anderen Anspruch ans Wohnen. „Dieser Lebensstil prägt einen“, sagt er. Der Steward ist weltgewandt und bezeichnet sich selbst als „Individualisten“. Er spricht Englisch, Spanisch, Portugiesisch, Italienisch und Holländisch. Weil er es leid war, den Amerikanern zu erklären, was ein Umlaut ist, hat er aus dem „ö“ in seinem Nachnamen ein „oe“ gemacht.
Kroetzsch ist in Norddeutschland geboren und in einer ländlichen Region aufgewachsen, aber längst in den Großstädten zu Hause. „Ich will mich nicht ins Auto setzen müssen, nur um ein Stück Butter zu kaufen“, sagt er. 1988 hat er bei der Lufthansa angefangen. Inzwischen ist er als „Purser“ für die komplette Besatzung verantwortlich und das Bindeglied zwischen ihr und dem Cockpit. Weil die meisten Einsätze ohnehin in Frankfurt beginnen, hat er hier seinen Lebensmittelpunkt gefunden: „Frankfurt ist meine Basis, eine unglaublich attraktive Stadt.“ Wobei er nur die Hälfte des Monats hier verbringt, die restliche Zeit ist er auf Reisen.
Er war schon immer ein Fan der Hochhäuser: „Sie geben der Stadt ein Gesicht.“ In New York hat er es genossen, in den 39.Stock zu fahren und sich ein Stück von der Stadt zu entfernen, bis der Lärm nicht mehr störte. An diese Zeit wird ihn auch die Wohnung im „Praedium“ erinnern. Dessen Architektur findet er „leicht und schön, aber nicht spektakulär“. Besonders gespannt ist er auf den Dachgarten. Im schicken Wohnturm im Europaviertel wird er künftig sein „kleines Refugium“ haben, wie er sagt. Achtzig Quadratmeter, mit Wintergarten und Loggia, der Blick geht nach Süden und Osten. Bei Westwind wird er also die Flugzeuge im Landeanflug beobachten können.