Bezahlbarer Wohnraum? : „Jedes Baugebiet hat einen Makel“
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Wohnen mit Aussicht: das Baugebiet Haidgen in Schmitten mit Blick auf den Turm auf dem Großen Feldberg Bild: Marcus Kaufhold
Der Frankfurter Speckgürtel ist beliebt. Und um in den Hochtaunuskreis zu ziehen, muss man (noch) kein Millionär sein. Doch große Neubaugebiete sind rar, und auch die Innenentwicklung bleibt nicht ohne Konflikte.
Es geht um den Grüngürtel. Den Wasserschutz. Den Naturschutz und die Frischluftschneise. Und welche Felder sollen die Landwirte künftig beackern? Solche Gründe führen die Städte Oberursel und Steinbach, neben der Sorge um einen übergangslosen „Häuserbrei“, gegen die Frankfurter Pläne für einen neuen Stadtteil an der Autobahn 5 an. Dieselben Argumente nennen aber auch Anwohner in Steinbach, die bisher am Feldrand gewohnt haben, wenn sie über das dortige Baugebiet Alter Cronberger Weg sprechen. Im Jahr 2000 hatten sie sich noch gefreut, dass die Fläche im Regionalplan als regionaler Grünzug ausgewiesen wurde. Jetzt gibt es am Steinbacher Ortsausgang Richtung Niederhöchstadt Bauplätze für zehn Einfamilien- und zwei Mehrfamilienhäuser. Für die noch zu vergebenen fünf Einzelgrundstücke haben sich 127 Interessenten gemeldet.
Im Hochtaunuskreis trifft die ohnehin große Nachfrage nach Wohnungen im Rhein-Main-Gebiet auf einen Landstrich, der einen Ruf als attraktive Wohngegend für gehobene Ansprüche hat. Vor allem in seinem vorderen Teil, der zur Mainebene ausgerichtet ist. Das treibt die Preise. Die Bauplätze am Alten Cronberger Weg werden meistbietend vergeben, für mindestens 550Euro je Quadratmeter. Bürgermeister Stefan Naas (FDP) rechnet fest damit, dass es am Ende mehr als 700 Euro werden. Nicht weit entfernt, im Baugebiet Borngrund im Oberurseler Stadtteil Stierstadt, reichten die Gebote für die städtischen Grundstücke bis zu 1200 Euro. In den Villenlagen von Bad Homburg oder Oberursel werden aber auch 1900 Euro für den Quadratmeter bezahlt. Wer von solchen Summen genug hat, muss nach Weilrod ausweichen. Im Baugebiet Cratzenbacher Berg sind noch drei Bauplätze zu haben, zu 105Euro je Quadratmeter. Als Familienbonus ist für die Kinder der Käufer der Regelkindergartenplatz in der Gemeinde für drei Jahre kostenfrei. Das Angebot gab es schon, bevor die hessische Landesregierung jüngst eine entsprechende Regelung für 2018 angekündigt hat.
Nicht nur geographisch, auch bei den Immobilienpreisen wird der Hochtaunuskreis vom Höhenzug des Taunus geteilt. Für den Beweis reicht ein beliebiges Immobilienportal. Mehr als 400.000 Euro darf das Haus nicht kosten? Von den 219 angezeigten Objekten mit dieser Preisobergrenze liegen ganze sechs südlich des Taunuskamms. Dass eine solche Exklusivität auf Dauer der Zusammensetzung der Einwohnerschaft nicht gut tut, haben die meisten Städte erkannt. Bad Homburg erschließt demnächst das zwölf Hektar große Baugebiet Hühnerstein im Stadtteil Ober-Erlenbach, das Platz für 300 Wohnungen und 750 Menschen bietet. Um den allerorten als Zielgruppe beliebten „jungen Familien“ mit begrenztem Budget eine Chance zu geben, stellt die Stadt 53 eigene Grundstücke im Erbbaurecht zur Verfügung. Auf die Offerte meldeten sich 700 Bewerber, die jetzt nach Kriterien wie Kinderzahl und Einkommen ausgewählt werden.