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AfD-Reaktion auf Hanau : „Shisha-Bars sind Orte, die vielen missfallen“

  • -Aktualisiert am

Sieht keinen Zusammenhang zwischen der Gewalttat in Hanau und der AfD: der Landtagsabgeordnete Rainer Rahn Bild: dpa

Prominente Vertreter der hessischen AfD sehen keine Mitschuld an den Gewalttaten in Hanau. Einen Zusammenhang zwischen dem Attentat und der Partei herzustellen, bezeichnen sie als „völlig absurd“.

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          „Ich lehne es ab, mich so kurzfristig nach Gewalttaten zu äußern.“ Mit diesen Worten hat Robert Lambrou, Fraktionsvorsitzender und einer der beiden Parteisprecher der hessischen AfD am Freitag auf den Vorwurf reagiert, seine Partei trage eine Mitschuld an Gewalttaten, wie sie sich in Hanau ereigneten. Entsprechende Äußerungen seien pietätlos und eine Instrumentalisierung des schrecklichen Geschehens, sagte Lambrou. Dabei liege das Verbrechen nicht einmal 36 Stunden zurück.

          Ewald Hetrodt
          Korrespondent der Rhein-Main-Zeitung in Wiesbaden.

          Zu dem Hinweis, dass Bundespolitiker der AfD sich schon am Donnerstag geäußert hätten, sagte Lambrou: „Dann ist das so.“ Er selbst habe sich auch nach dem Attentat auf einen Eritreer in Wächtersbach und nach dem Anschlag auf den Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke konsequent zurückgehalten. „Es ist die Zeit des Trauerns und vernünftig, jetzt erst einmal die polizeiliche Ermittlungen abzuwarten.“

          Der AfD-Spitzenkandidat zur Landtagswahl 2018, der Frankfurter Rainer Rahn, äußert sich hingegen freimütig zu dem Vorwurf, seine Partei bereite mit ihrer Sprache den Boden für solche Taten. „Es ist klar, dass da versucht wird, einen Zusammenhang herzustellen. Aber das ist völlig absurd und hetzerisch“, sagte Rahn auf Anfrage. Zum einen lägen noch nicht alle Fakten aus Hanau auf dem Tisch, zum anderen „war das ein offensichtlich Verrückter, der mit der AfD nichts zu tun gehabt hat“. Nur weil der Vater des Attentäters Tobias R. sich politisch für die Grünen engagiert und zugleich seinen Sohn erzogen habe, behaupte die AfD ja auch nicht, die Grünen trügen eine Mitschuld. „Das wäre auch absurd.“

          „Es ist klar, dass da versucht wird, einen Zusammenhang herzustellen“

          Die Einschätzung, dass in den vergangenen Jahren die Sprache im Land verroht sei, teile er, sagte Rahn. „Es gibt auch in unserer Partei den einen oder anderen, der etwas sagt, das er zumindest so besser nicht gesagt hätte.“ Aber das gelte für alle Parteien. „Die Tat an der Verrohung der Sprache einer einzigen Partei festzumachen ist viel zu einfach.“ Dass die Verrohung der Sprache allgemein aber „das Ganze begünstigt hat, will ich gar nicht ausschließen“.

          Zu einem der Tatorte, einer Shisha-Bar, in denen Tobias R. mehrere Menschen erschoss, äußerte Rahn: „Shisha-Bars sind Orte, die vielen missfallen, mir übrigens auch. Wenn jemand permanent von so einer Einrichtung gestört wird, könnte das irgendwie auch zu einer solchen Tat beitragen.“ Shisha-Bars hätten „ein erhebliches Störpotential“. Die Morde des Attentäters seien aber „kein monokausales Geschehen“, sagte der AfD-Landtagsabgeordnete weiter. „Wenn mich eine Shisha-Bar stört, gehe ich nicht mit der Knarre in der Hand dahin und schieße um mich.“ In Hanau handele es sich aber um die Tat eines psychisch Gestörten. Da könne der Ärger über eine solche Einrichtung „einer der Faktoren sein, und irgendwann läuft das Fass über“.

          „Politische Instrumentalisierung der Tat durch Vertreter der Altparteien“

          Rahn bestritt, dass die AfD pauschal gegen Ausländer sei. „Wir wenden uns gegen die ungeregelte Zuwanderung.“ So könnten Morde, die in den vergangenen Jahren von Flüchtlingen begangen worden seien, „bei jemandem, der entsprechend disponiert ist, so etwas auch mitauslösen“.

          Auch Klaus Herrmann, neben Lambrou der zweite Parteisprecher der hessischen AfD, übte sich nicht in Zurückhaltung. „Die politische Instrumentalisierung der abscheulichen und grauenvollen Tat in Hanau, mit insgesamt elf Toten einschließlich des Täters, der ganz offensichtlich psychisch schwer krank war, durch verschiedene Vertreter der Altparteien, ist eine unverzeihliche Entgleisung“, ließ er schriftlich mitteilen. Das zeige „die niederen Beweggründe dieser Politiker, denen es nicht um eine sachliche Auseinandersetzung geht, sondern nur um die Diffamierung eines erfolgreichen politischen Mitbewerbers mit allen Mitteln. Führende Politiker betrieben damit höchstpersönlich „das verwerfliche Geschäft von Hass und Hetze“.

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